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Bitte lächeln: Streit um automatische Kennzeichenerfassung vor Gericht

11.12.2012, 10:58 Uhr

Der Landesbeauftragte für den Datenschutz, Thomas Petri, äußerte hingegen am Montag vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Bedenken. Möglicherweise werde noch einmal Karlsruhe entscheiden müssen, sagte der Vorsitzende Richter Reinhard Senftl.

Ein Software-Entwickler aus Regensburg hatte Klage eingereicht. Er sieht durch die automatisierte Erkennung sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Er sei mit verschiedenen Fahrzeugen unterwegs. Entsprechend häufig würden seine Kennzeichen erfasst, sagte er bei der mündlichen Verhandlung. «Es ärgert mich, wenn ich das Gefühl habe, dass ich ständig beobachtet werde.» Er befürchte zudem, dass Hacker an die Daten gelangen könnten.

Die digitalen Fotos der Nummernschilder werden in Codes umgewandelt und mit Fahndungsdateien des Landeskriminalamts abgeglichen. Ziel ist laut bayerischem Polizeiaufgabengesetz die Gefahrenabwehr und die Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität wie beispielsweise Autodiebstahl.

In erster Instanz hatte der 33-jährige Kläger gegen den Freistaat Bayern verloren. Seitens der Polizei hieß es vor Gericht, der Software-Entwickler sei mit keinem einzigen seiner kontrollierten Fahrzeuge jemals in einer Fahndungsdatei gelandet. Bei Nicht-Treffern würden die Kennzeichen grundsätzlich sofort gelöscht. Die Daten seien auch nicht wiederherstellbar, erläuterte der Projektleiter der Herstellerfirma des Erfassungssystems.

Die Landesanwaltschaft als Vertreterin des Freistaats argumentierte, der Bayerische Verwaltungsgerichtshof sei gar nicht zuständig, da es sich um verfassungsrechtliche Fragen handele.

Im Jahr 2008 hatte das Bundesverfassungsgericht Beschwerden aus Schleswig-Holstein und Hessen gegen die dortigen Erfassungsmaßnahmen stattgegeben. Nach dem Karlsruher Urteil darf der Staat zwar das Recht auf informationelle Selbstbestimmung beschränken. Je schwerwiegender ein solcher Eingriff sei, desto präziser müsse aber die Ermächtigungsgrundlage sein. Neben Bayern hat eine Reihe anderer Bundesländer an der Kennzeichenerfassung festgehalten.

Die Einwände des Landesdatenschützers betreffen vor allem den Fall, dass durch einen Lesefehler im System unechte Treffer erzielt werden. «Hier ist die Grenze der Aufhebung der Anonymität und des Eingriffs in das Grundrecht überschritten», sagte Petri.

An zwölf festen Standorten in Bayern, darunter elf an Autobahnen, werden auf 30 Fahrspuren alle Kraftfahrzeuge überprüft. Kläger-Anwalt Udo Kauss spricht von acht Millionen Betroffenen im Monat, darunter immer wieder sein Mandant Benjamin Erhart: «Er war zigmal Gegenstand der Überwachung, indem er videogefilmt und mit Fahndungsdateien abgeglichen wurde – und das als unverdächtige Person ohne Anlass.»

Das bayerische Innenministerium erklärte, dass insgesamt 25 Kennzeichenscanner in Bayern eingesetzt werden. An den zwölf festen Standorten seien 22 Geräte installiert, zudem gebe es weitere drei Scanner für den mobilen Einsatz, sagte ein Ministeriumssprecher. Die Geräte würden grundsätzlich nur an Straßen eingesetzt, die für den grenzüberschreitenden Verkehr Bedeutung hätten – dies seien verschiedene Autobahnen und eine Europastraße. Die genauen Standorte will das Ministerium nicht preisgeben.

Der Senat will in dem Prozess innerhalb der nächsten zwei Wochen seine Entscheidung bekanntgeben. Für das Gericht wird unter anderem die Auslegung des Begriffs «spurenlose Löschung» von Bedeutung sein. Denn die Karlsruher Richter hatten einen Abgleich für den Fall gebilligt, dass die erfassten Kennzeichen mit den Fahndungsdateien «unverzüglich» abgeglichen und «sofort und spurenlos gelöscht» werden, wenn kein Treffer angezeigt wird. «Entscheidend ist, ob der Bezug zu einer Person hergestellt werden kann», sagte der Vorsitzende Richter Senftl.

dpa-infocom / ms

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