Das Bündnis «noPAG - Nein! Zum neuen Polizeiaufgabengesetz» vor dem Rathaus auf dem Marienplatz in München. Foto: Sven Hoppe
11.05.2018

Zehntausende beim noPAG-Protest in Münchens Innenstadt

Dazu aufgerufen hatte ein Bündnis aus zahlreichen Parteien, Gewerkschaften, Nichtregierungsorganisationen und Fußballfans. Die Veranstalter sprachen sogar von mehr als 40.000 Teilnehmern.

Ein Wassergraben, Absperrgitter und wenige Polizisten trennen das Büro von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) von den Demonstranten. Für die Regierungsmitarbeiter, die trotz Feiertags arbeiten, ist der Protest vor der Tür nicht zu überhören: Buh-Rufe, Pfiffe, Trommelkonzert und eigens getextete Lieder eines Chores schallen durch die Straßen der Münchner Innenstadt – dazu Schilder mit Aufschriften wie «Big Söder is watching you», «Verhaften first, Bedenken second» und «CSU versetzt Verfassungsrechte».

Umstritten ist vor allem der bereits seit einem Jahr im Gesetz verankerte Begriff der «drohenden Gefahr», welcher die Einsatzschwelle für Polizeimaßnahmen senken kann.

Auch Peter, 60 Jahre alt, kam zur Demonstration. Er befürchtet, «dass die Polizei zu viel Macht bekommt und private Räume für sie kein Tabu mehr sind». Er verstehe nicht, warum Gesetze verschärft werden sollen, wenn die Kriminalität laut neusten Zahlen zurückgegangen sei. Für Student Bernhard, der sich zusammen mit Freunden dem Demonstrationszug angeschlossen hat, ist das PAG «eine Gefahr für unsere Freiheit und den Rechtsstaat».

Selbst die Veranstalter hatten zuvor nicht mit dem starken Zulauf gerechnet. Sie hatten 7000 Teilnehmer angemeldet. Schnell wurde aber klar: Es werden deutlich mehr. Weil der Andrang auf dem Marienplatz zu groß war und die Menschen sich schon in den Seitenstraßen stauten, wurde die Auftaktkundgebung abgesagt. Auch der Demonstrationszug zog nur schleppend durch die Straßen, vorbei an der Staatskanzlei, zum Odeonsplatz. Die Feuerwehr schenkte wegen der hohen Temperaturen bei strahlendem Sonnenschein zeitweise Wasser an die Demonstranten aus.

«Wir demonstrieren nicht gegen die Polizei, sondern gegen die CSU», erklärte die grüne Spitzenkandidatin für die Landtagswahl, Katharina Schulze, am Rande der Veranstaltung. Ihre Partei werde gegen die geplanten Änderungen klagen. Sie sprach sich für mehr Personal bei der Polizei und mehr Prävention aus, «anstatt ein verfassungswidriges Gesetz zu beschließen».

Bis zum Nachmittag verlief die Demonstration friedlich, wie eine Polizeisprecherin sagte. Schon zuvor hatte das Bündnis «noPAG – Nein! Zum neuen Polizeiaufgabengesetz» aufgerufen, «laut, aber friedlich» zu protestieren. Bündnis-Sprecher Simon Strohmenger erklärte nach dem Demozug: «Wir hoffen, es war ein klares Signal an die CSU.» Die Partei war zunächst für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

In den vergangenen Wochen hatten die CSU und Innenminister Joachim Herrmann (CSU) den Kritikern eine gezielte Desinformationskampagne gegen das Gesetz vorgeworfen. Ziel der Erneuerung der Befugnisse sei die Verteidigung der Sicherheit und Freiheit in Bayern. Zudem würden durch die Novelle die Bürgerrechte gestärkt und nicht geschwächt.

Bereits im vergangenen Sommer hatte die CSU mit ihrer absoluten Mehrheit im Landtag ein neues Polizeiaufgabengesetz beschlossen. Mit der erneuten fast 200 Seiten dicken Novelle will Bayern die Befugnisse der Polizei massiv ausweiten.

Aufgrund der massiven Kritik hatte die CSU-Fraktion Ende April einige umstrittene Neuerungen entschärft – so soll etwa die intelligente Videoüberwachung nun keine Gesichtserkennung mehr umfassen.


dpa-infocom

Zur Übersicht

Auch interessant