Wer in Bayern Grundwasser entnimmt oder verbraucht, soll in Zukunft eine Abgabe von einheitlich zehn Cent pro Kubikmeter dafür bezahlen müssen – aber wohl frühestens ab 2027. Nach langem Streit haben sich CSU und Freie Wähler auf die Einführung eines solchen sogenannten Wassercents geeinigt. Vorgesehen sind – für alle, die nicht als Endkunden am öffentlichen Wassernetz hängen – eine Freimenge von 5.000 Kubikmetern pro Jahr und einige Ausnahmen. Für Privatpersonen soll sich die Mehrbelastung, die sie am Ende tragen müssen, in Grenzen halten – nach Schätzung der Koalition im einstelligen Euro-Bereich pro Person und Jahr.
Ab wann der neue Wassercent tatsächlich fällig wird, ist allerdings noch offen. Vor dem Gesetzgebungsverfahren sollten im Rahmen eines «Praxischecks» noch einige offene Fragen geklärt werden, kündigten die Fraktionsvorsitzenden Klaus Holetschek (CSU) und Florian Streibl (Freie Wähler) nun im Landtag an. Nach Worten Streibls dürfte der Wassercent erstmals frühestens 2027 fällig werden, manch einer geht dem Vernehmen nach von frühestens 2029 aus.
Der Bund Naturschutz, aber auch der Städtetag, kritisierten die Freimenge als deutlich zu hoch – damit würden Betriebe und Private ungleich behandelt. «Am Schluss darf nicht sein, dass die Bürgerinnen und Bürger den Wassercent bezahlen, während Betriebe weiterhin großzügig kostenfrei Grundwasser entnehmen dürfen», sagte Städtetags-Geschäftsführer Bernd Buckenhofer.
Wer muss den Wassercent bezahlen?
Grundsätzlich gilt: Alle Entnehmer und Verbraucher von Wasser sollen die neue Gebühr bezahlen müssen, also Wasserversorger, Wasserzweckverbände und Nutzer eigener Brunnen, auch Unternehmen und die Industrie. Entgeltpflichtig sind dabei Entnahmen über 5.000 Kubikmeter pro Jahr und «wirtschaftlich Berechtigtem» – unterhalb dieser Freigrenze werden keine Gebühren fällig. Viele Landwirte dürften unter der Grenze bleiben und müssten nichts zahlen, hieß es.
Privatpersonen wird der Wassercent nicht direkt in Rechnung gestellt, sondern dem Wasserversorger – der das Entgelt aber auf die Kunden umlegen kann. Die Freimenge gilt dabei für den Wasserversorger, nicht für den einzelnen Kunden.
Welche Ausnahmen gibt es?
Ausnahmen gibt es – neben der genannten 5.000-Kubikmeter-Freimenge – auch für Grundwasserentnahmen im Interesse des Allgemeinwohls, etwa zur Gefahrenabwehr, für Entnahmen zu Zwecken der Fischerei, Fischzucht und der Teichwirtschaft, für Kur- und Heilbäder, für speziell staatlich anerkannte Heilwässer, für die Nutzung von erneuerbaren Energieträgern wie Wärmepumpen sowie für geringe Mengen privatnütziger Entnahmen.
Auch für Oberflächenwasser, etwa von Flüssen oder Seen, wird kein Entgelt erhoben – es sei denn, es wird für die Trinkwassergewinnung verwendet. Auch dies könnte bedeuten, dass manche Landwirte ohne Entgelt davonkommen.
Ist die Höhe einheitlich – oder gibt es Ausnahmen?
Der Entgeltsatz soll einheitlich bei zehn Cent pro Kubikmeter liegen. Es wird also nicht je nach Art des entnommenen Grundwassers (etwa Tiefengrundwasser) unterschieden. Dies solle Abgrenzungsschwierigkeiten und rechtliche Unsicherheiten vermeiden und für Einfachheit, Klarheit und Transparenz sorgen, argumentieren CSU und Freie Wähler.
Wie hoch sollen die Einnahmen sein und wofür soll der Wassercent verwendet werden?
Die Einnahmen sollen streng zweckgebunden verwendet werden: etwa für den allgemeinen Wasser- und Trinkwasserschutz, für Projekte zur Verbesserung der Wasserqualität oder des Landschaftswasserhaushalts, für gewässerökologische und wasserwirtschaftliche Zwecke und nachhaltige Bewässerungsmaßnahmen. Insgesamt rechnet man in der Koalition mit Einnahmen von rund 60 bis 80 Millionen Euro pro Jahr.
Wie soll die neue Gebühr erhoben werden?
Der Wassercent soll nach dem Willen der Koalition «bürokratiearm, einfach und effizient» erhoben werden – mit Hilfe jährlicher Meldungen über eine digitale Plattform. Eine gesetzliche Verpflichtung zum Einbau von Zählern soll es derzeit nicht geben. «Zusätzliche Kontrollen und Überprüfungen, außer bei einem konkreten Anlass, lehnen wir ab», heißt es im Eckpunkte-Papier der Fraktionen. Die Gebühr soll immer rückwirkend für ein Kalenderjahr erhoben werden.
Wie geht es nun weiter – und ab wann wird die neue Gebühr fällig?
Es soll nun zunächst einen «Praxischeck» geben, bei dem Kommunen und Verbände eingebunden werden sollen. Dabei soll es auch um die Frage des Zeitpunkts gehen, wann der Wassercent erstmals fällig werden soll. Zudem soll im Rahmen des «Praxischecks» überprüft werden, ob Boni denkbar sind, etwa im gewerblichen Bereich bei Verwendung wasserschonender Methoden oder im Bereich der Landwirtschaft beim Zusammenschluss zu nachhaltigen Bewässerungsverbänden. Danach soll das Gesetz erarbeitet werden. Am Ende dürfte der Wassercent erstmals frühestens 2027 fällig werden, möglicherweise auch ein oder zwei Jahre später. Es gelte: Gründlichkeit vor Schnelligkeit.
Wie fallen die Reaktionen aus?
Der Bund Naturschutz begrüßt zwar die grundsätzliche Einführung des Wassercents, übt aber auch deutliche Kritik: Die vorgesehene Freigrenze von 5.000 Kubikmetern pro Jahr sei zu hoch, sagte der BN-Landesbeauftragte Martin Geilhufe. «Ganz viele industrielle und landwirtschaftliche Betriebe liegen bei ihrem Wasserverbrauch unter dieser Grenze – so kann der Wassercent keine echte Lenkungswirkung entfalten.» Zudem kritisiert der BN, dass der Wassercent auf Vertrauensbasis erhoben werden solle, ohne Kontrollen – und dass Oberflächenwasser nach wie vor umsonst entnommen werden dürfe. Die Grünen nannten das Konzept «ein winziges Schrittchen in die richtige Richtung», warfen der Koalition aber ansonsten Verzögerungstaktik vor.
Kritik an der hohen Freimenge kam außerdem vom Bayerischen Städtetag. «Es darf aus Sicht der Städte und Gemeinden keine Ausnahme für die Landwirtschaft und Wirtschaftsbetriebe geben – die angedachte freie Menge vom 5.000 Kubikmetern jährlich ist nicht zielführend, wenn man im Vergleich sieht, dass eine vierköpfige Familie 180 Kubikmeter verbraucht», hieß es.
Kompromiss nach langem Streit
Den Wassercent gibt es schon in 13 Bundesländern, teils seit vielen Jahren. Die Höhe ist sehr unterschiedlich und reicht bis zu rund 30 Cent pro Kubikmeter.
CSU und Freie Wähler hatten die Einführung immer wieder verschoben. Details waren lange strittig, teils auch innerhalb der Fraktionen. Streibl räumte ein, es habe verschiedene Vorstellungen gegeben, die immer wieder «kalibriert» und nachgebessert worden seien. Nun gebe es einen guten Kompromiss. Basis dafür war letztlich ein Papier, das Holetschek im September vorgestellt hatte.