Bei den EM-Übertragungen der ARD weiß man zumindest, dass Co-Kommentator und Ex-Nationalspieler Mehmet Scholl ein neues Hobby gefunden hat: er referiert ausführlich und zu jedem Spiel über „Packing“.
Eine Spielanalyse anhand von Toren, Torchancen, Ballbesitz in Prozent und angekommenen Pässen ist von gestern – heute wird ein Fußballspiel, bzw. die Effizienz einer Fußballmannschaft, mit der Packing-Rate bewertet. Wikipedia weiß dazu:
Packing [ˈpækɪŋ] ist eine Methode in der Analyse von Fußballspielen. Sie dient als Grundlage zur Berechnung von Kennzahlen, die die Spielstärke von Spielern oder Mannschaften reflektieren. Dabei wird in einem Spiel zu jedem Zeitpunkt geprüft, wie viele Gegenspieler sich noch zwischen ballführendem Spieler und gegnerischem Tor befinden. Diese Anzahl an Gegnern, die ihr eigenes Tor noch verteidigen können, bilden die wesentliche Eingangsgröße für die anschließende Kennzahlberechnung.
Ausgangsüberlegung für das Packing ist die Annahme einer steigenden Wahrscheinlichkeit für einen Torerfolg bei abnehmender Anzahl der Verteidiger zwischen ballführendem Angreifer und dem verteidigten Tor: Je weniger Gegner sich zwischen Angreifer und dem gegnerischen Tor befinden, um so weniger können ihn an einem Torabschluss hindern. Ausgehend von diesem Ansatz lassen sich eine Reihe von Kennzahlen sowohl für die offensive als auch für die defensive Leistung von Mannschaften und einzelnen Spielern ableiten
Der ehemalige Fußballer Stefan Reinartz (Bayer Leverkusen, von 2010 bis 2013 auch im Nationalteam) hat diese Analysemethode mit seinem Teamkollegen Jens Hegeler entwickelt und dazu sogar eine Firma gegründet, die Impect GmbH.
Reinartz stellte fest, dass die herkömmlichen Parameter wie Ballbesitz, Eckbälle und Torschüsse wenig bis keine Aussagekraft für die Effizienz einer Mannschaft haben. Als Beispiel führt er das WM-Halbfinale 2014 Deutschland gegen Brasilien an. Nach den traditionellen Analysewerten hätte Brasilien als Sieger vom Platz gehen müssen. Tatsächlich verlor Brasilien das Spiel mit 1:7. Nach der Interpretation von Reinartz erzielte Deutschland mehr Tore, weil die Mannschaft „einfach mehr Spieler überspielt“ habe.
Die höchste Packing-Rate, die ein Spieler bei einem Spielzug erreichen kann, ist 10 – das bedeutet, er hat mit einem Pass zehn Gegenspieler so aus dem Spiel genommen, dass sie einen erfolgreichen Abschluss nicht verhindern konnten. Oder sind es sogar elf, wenn Manuel Neuer mal wieder einen Ausflug an die Mittellinie unternimmt und überspielt wird? Wir diskutieren uns die Köpfe heiß in der Arabella-Redaktion und warten gespannt darauf, ob das Thema Packing demnächst ausführlich und allgemein verständlich Einzug in den Bundesliga-Alltag hält.
Ob Jogi Löw für das letzte Gruppenspiel heute Abend die Packing-Rate interessiert oder doch mehr die Aufstellung – man weiß es nicht.
Es geht das Gerücht um, dass heute Abend der Doppelmario auflaufen wird: Götze und Gomez gemeinsam im Sturm. Befeuert wird das durch Aussagen des Trainers, dass eine Umstellung der Anfangsmannschaft der letzten beiden Spiele „nicht auszuschließen“ sei. Verzichten müsste dann wohl Julian Draxler. An Mesut Özil soll der Bundestrainer trotz Kritik festhalten. Nicht zur Debatte steht die Abwehr mit Höwedes, Boateng, Hummels und Hector.
Egal, mit welcher Aufstellung und welchen Zahlen im Packing: Wir hoffen auf ein spannendes und torreiches Spiel, an dessen Ende die deutsche Mannschaft als Gruppenerster feststeht und am Sonntag um 18 Uhr ins Achtelfinale geht. Der Gegner steht noch nicht fest – es könnte sogar Österreich sein! 🙂