Foto: O. Rauhut, LMU/SNSB
Seit im Jahr 1861 das erste Fossil des Urvogels gefunden wurde, gilt er als einziger Vogel aus der erdgeschichtlichen Periode des Jura. Er belegt als Übergangsform zwischen Reptilien und Vögel, dass die heutigen Vögel direkte Nachfahren von Raubdinosauriern sind. Alle bislang von ihm gefundenen Exemplare stammen aus dem Gebiet des Solnhofer Archipel, das sich im Jura im Bereich des heutigen Altmühltales erstreckte, in der Gegend zwischen Pappenheim und Regensburg. Hier lebte Archaeopteryx vor etwa 150 Millionen Jahren in einer Riff-Insel-Landschaft.
Nun hat ein Team um Professor Oliver Rauhut einen bislang unbekannten Vogel aus der Gegend taxonomisch beschrieben, es ist der zweite bekannte flugfähige Vogel aus dieser Periode überhaupt: Alcmonavis poeschli. „Das weist darauf hin, dass die Diversität der Vogelwelt im oberen Jura größer war als bislang bekannt“, sagt Rauhut, Paläontologe am Department für Geo- und Umweltwissenschaften der LMU sowie an der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie.
Von Alcmonavis poeschli wurde nur ein Flügel entdeckt. „Wir hatten erst angenommen, dass auch dieses Exemplar ein Archaeopteryx ist, und haben es uns bei der Untersuchung nicht leicht gemacht. Es sind Ähnlichkeiten da, aber seine fossilen Reste lassen vermuten, dass es sich um einen etwas höher entwickelten Vogel handelt“. Wie die taxonomische Studie, die aktuell im Fachmagazin eLife veröffentlicht ist, zeigt, war Alcmonavis poeschli nicht nur etwas größer als Archaeopteryx. Er konnte offenbar auch besser fliegen: „Muskelansatzstellen am Flügel deuten auf ein verbessertes Flugvermögen hin“, sagt Rauhut. Alcmonavis poeschli weist mehrere Merkmale auf, die Archaeopteryx nicht hat, jüngere Vögel aber schon. Diese deuten auf eine bessere Anpassung an den aktiven Flatterflug hin.
Damit bringt Alcmonavis poeschli neuen Schwung in die Debatte, ob der Vogelflug über den Gleitflug entstanden ist. „Seine Anpassungen zeigen, dass die Evolution des Fluges relativ schnell vorangeschritten sein muss“, sagt Dr. Christian Foth von der Université de Fribourg (Schweiz), einer der Koautoren der Studie.
Seinen Namen verdankt der nun erstmals beschriebene Vogel dem alten keltsichen Namen der Altmühl, Alcmona, und seinem Entdeckter Roland Pöschl, der die Ausgrabungen im Steinbruch am Schaudiberg bei Mörnsheim leitet. In denselben Plattenkalkablagerungen wurde auch ein weiteres Fossil eines Archaeopteryx entdeckt. Die beiden Urvögel haben also offenbar parallel in der damals subtropischen Lagunenlandschaft Süddeutschlands gelebt.