Eine Person hält eine Zigarettenschachtel der Marke «Lucky Strike» in der Hand. Foto: Daniel Bockwoldt/Archiv
05.07.2018

Urteil über Schockbilder auf Zigarettenschachteln

Ja, sagt der bayerische Verein Pro Rauchfrei – und hat geklagt. Heute will das Landgericht München sein Urteil hierzu verkünden.


Update von 11 Uhr:

Das Münchner Landgericht hat ein Urteil mit Signalwirkung für Tabakindustrie und Einzelhandel gesprochen: Supermärkte müssen die Schockbilder auf Zigarettenschachteln an der Ladenkasse nicht sämtlichen Kunden präsentieren, sondern dürfen diese im Verkaufautomaten verdecken. Denn die Produktpräsentation in den Automaten ist nicht Teil der Verkaufsverpackung, wie die 17. Handelskammer in dem am Donnerstag verkündeten Urteil entschieden hat. Verboten wäre demnach nur, wenn die Bilder von Krebsgeschwüren und verfaulten Zähnen auf den Zigarettenschachteln abgeklebt würden. Die Tabakerzeugnisverordnung, die die Schockbilder vorschreibt, gilt nach Einschätzung der Richter aber nicht für die Verkaufsautomaten.

Damit ist die bayerische Anti-Tabak-Initiative Pro Rauchfrei mit dem Versuch gescheitert, zwei Edeka-Supermärkte in der bayerischen Landeshauptstadt dazu zu zwingen, die Schockbilder auch in den Verkaufsautomaten an der Ladenkasse aufzudecken. In dem Verfahren ging es nur um diese zwei Läden, doch sieht der Verein das als Musterprozess. Der Vorsitzende Richter Wolfgang Gawinski und die Kammer ließen aber die Berufung zu. Pro Rauchfrei hatte schon vorher angekündigt, im Falle einer Niederlage den Streit bis zum Europäischen Gerichtshof weiterführen zu wollen.


Wie es auch ausgeht: Der Streit dürfte in die nächste Instanz gehen, sagte der Vereinsvorsitzende Siegfried Ermer am Mittwoch. Denn der verklagte Betreiber zweier Edeka-Märkte, der Bundesverband des Tabakwaren-Einzelhandels und die Zigarettenhersteller sähen sich ebenfalls im Recht.

Die EU-Tabakrichtlinie schreibt vor, dass auf Zigarettenpackungen große abschreckende Fotos gezeigt werden müssen. Zusammen mit Warnungen wie «Rauchen ist tödlich» müssen diese Bilder mindestens zwei Drittel der Fläche auf den Vorder- und Rückseiten der Packungen einnehmen. In vielen Supermärkten sind die Fotos im Verkaufsautomaten aber von vorgesteckten Karten mit Produktinformationen verdeckt: Marke, Anzahl der Zigaretten in der Packung und Preis. Erst wenn der Kunde zugreift, blickt er auf die Schockbilder.

Die EU habe die Abbildungen auf der Schachtel vorgeschrieben – aber nicht, wie der Handel seine Ware vor dem Verkauf präsentieren müsse, argumentiert die Branche. Bei der Abgabe an den Kunden seien die Warnhinweise auf der Packung ja nicht verdeckt. Der Verein Pro Rauchfrei will das nicht gelten lassen und zeigte sich nach der mündlichen Verhandlung im April optimistisch. Andernfalls will er bis vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) ziehen.


dpa-infocom

Zur Übersicht

Auch interessant