Eine EU-Kommission hat sich bereits eingeschaltet – der Spielleidenschaft der Wettkunden tut dies keinen Abbruch. „Die Geduld der EU-Kommission ist endgültig am Ende“, poltert CDU-Abgeordneter Hans Jörn Arp in einem Artikel des Flensburger Tageblatts. Man habe erkannt, „dass es den Bundesländern, anders als von SPD-Chef Stegner behauptet, beim Sportwettenmonopol nicht um Suchtprävention, Geldwäschebekämpfung und Spielerschutz geht, sondern ausschließlich um ihre Pfründe“. Die emotionalen Wellen schlagen hoch im Sportwettengeschäft. Grund ist ein vor drei Jahren unter dem sperrigen Titel ‚Glücksspieländerungsstaatsvertrag‘, kurz GlüStV, eingeführtes Abkommen, das die Vergabe von Sportwettlizenzen im Bundesgebiet regeln soll.
Lizenzvergabe willkürlich, Klagewelle erwartet
Hier fangen die Probleme an: Bis dato haben 20 Unternehmen eine der begehrten Lizenzen erhalten, die sowohl das Anbieten von Sportwetten im Internet als auch das Betreiben von Wettbüros erlaubt. Dazu gehören unter anderem Admiral Sportwetten, Bet-at-home.com und Digibet. Auffällig ist jedoch, dass in der Liste der Unternehmen viele seriöse Big Player fehlen, die bereits seit Jahren unter britischer oder maltesischer Lizenz Sportwetten abwickeln, etwa Interwetten, Bet365 oder Tipico. Stattdessen wurden viele weitestgehend unbekannte Wettanbieter wie Ruleo Alpenland oder Goldesel aus Berlin mit einer inländischen Lizenz bedacht – was die Vermutung nach einer willkürlichen Lizenzvergabe schürt. Experten bemängeln entsprechend zu Recht eine fehlende Transparenz bei den Bewertungskriterien. Viele der etablierten Wettanbieter wollen sich das Chaos rund um den GlüStV nicht länger bieten lassen. Tipico, einer der Marktführer auf bundesdeutschem Gebiet, hat bereits wie viele weitere im Verfahren unterlegene Wettanbieter Klage eingereicht.
Sportwetten in rechtlicher Grauzone
Der Streit um den deutschen Glücksspielvertrag befördert Sportwetten in eine rechtliche Grauzone. Denn während laut EU-Recht jedes Unternehmen mit gültiger Lizenz in einem der Mitgliedsstaaten berechtigt ist, Wetten anzubieten, fordert der GlüStV eisern eine inländische Lizenz. Auch deutsche Wettkunden befinden sich somit in einer ungewissen Lage. Rechtliche Folgen müssen sie allerdings wohl nicht befürchten: Es wird erwartet, dass das deutsche Gewinnspielmonopol einer Überprüfung durch den Europäischen Gerichtshof nicht standhält. „Dieser Glücksspielstaatsvertrag ist von deutschen und europäischen Gerichten in der Luft zerrissen worden“, bekräftigen Hans Jörn Arp und Wolfgang Kubicki, die vor wenigen Jahren in Schleswig-Holstein einen EU-konformen separaten Weg gegangen sind. Auch Sportclubs lassen sich mittlerweile nicht mehr von den turbulenten Konzessionsverfahren beirren. So begrüßen etwa Fußballvereine wie Hertha BSC (bet-at-home) und Hannover 96 (Tipwin) private Wettanbieter ohne deutsche Lizenz als neue Sponsoring-Partner. Damit handeln sie derzeit zwar formell illegal, wie eine Nachfrage der „Sport Bild“ beim Innenministerium Hessen ergab. Aber: „Diese formelle Illegalität wird allerdings von den Glücksspielaufsichtsbehörden nicht geahndet, sofern sich die privaten Glücksspielanbieter noch im Konzessionsverfahren für Sportwetten befinden.“
Über 2000 Wettbüros in Deutschland
Wie beliebt Sportwetten in Deutschland sind, zeigt sich allein schon an der Zahl der bundesweiten Wettbüros. Wie das Portal Wettmaxx informiert, gibt es bereits über 2000 stationäre Wettbüros in Deutschland, wovon sie über 750 bereits in ein Verzeichnis aufgenommen haben. Nach Aussage der Betreiber ist damit zu rechnen, dass diese Anzahl „in den kommenden Jahren trotz erwarteter Marktkonsolidierung weiter steigen wird“. Dazu gesellt sich eine Vielzahl von rein Online-basierten Anbietern wie Bwin, Interwetten und bet365; . Zu den beliebtesten Sportarten, auf die die Deutschen wetten, zählen Fußball und Tennis, aber auch „Nischenthemen“ wie Golf oder Boxen finden immer wieder gern ihren Weg auf den Tippzettel.