12.02.2018

Stunde der Wintervögel: Immer weniger Vögel

Zwar zählten bayernweit erstmalig über 32.000 Teilnehmer insgesamt über 760.000 Vögel, sie sahen im Durchschnitt aber nur noch 34 gefiederte Gäste pro Garten. Immerhin wurden in der Geschichte des Bürgerforscher-Projekts noch nie so viele Stare beobachtet wie Anfang Januar 2018. Was sich bereits zur Zwischenbilanz angekündigt hatte, bestätigt der Vogel des Jahres eindrucksvoll im diesjährigen Endergebnis: Mit knapp 6.500 Exemplaren wurde eine Rekordzahl von Überwinterern gezählt. Damit verfehlte der Star sogar nur um einen Platz die Liste der 20 am häufigsten beobachteten Vögel im Freistaat. Nach einem starken Einbruch im Vorjahr führt die Kohlmeise diese wieder vor Haus- und Feldsperling an.

Im Freistaat werden insgesamt immer weniger Vögel gezählt. Beunruhigend sind für den LBV die Abwärtstrends bei Buch- und Grünfink (6. und 7. Platz). Ihre Zahlen nehmen zwar langsam, dafür aber seit Jahren stetig ab. „Bei beiden Vogelarten lässt sich ein trauriger Trend erkennen. Der Grünfink ist seit 2014 fast nur noch halb so oft in Gärten gezählt worden“, so Martina Gehret, die LBV-Beauftragte für Citizen Science. Auch der Rückgang von typischen Feldvögeln wie der Goldammer, die im Vergleich zum Vorjahr fast 40 Prozent abnahm, bereitet dem LBV große Sorgen (23., Vorjahr 14.). „Als typischer Vogel der Ackerlandschaft machen der Goldammer der zunehmende Flächenfraß, Monokulturen, der Einsatz von Agrargiften in der Landschaft und die Zerstörung von Randgehölzen und Sträuchern schwer zu schaffen“, erklärt Gehret.

Angesichtes des milden Winters haben sich einige Zugvogelarten die weite Reise nach Süden gespart. Solange der Boden nicht gefroren ist, finden sie immer noch Nahrung. „Je milder das Wetter in einer Region, desto mehr Überwinterer haben die Teilnehmer beobachtet“, sagt Martina Gehret. So wurden die meisten Stare im nördlichen Bayern gezählt. In Unterfranken belegt er deshalb Rang 7, in Aschaffenburg war er sogar der dritthäufigste Vogel. „Ebenso auffällig waren bayernweit die vermehrten Meldungen von Zilpzalp, Mönchsgrasmücke, Hausrotschwanz und Bachstelze, die wie der Star zu den Kurzstreckenziehern gehören“, weiß Gehret.

Diese Vögel reagieren oft sehr spontan auf die jeweilige Witterung. Bei einem plötzlichen Wintereinbruch ziehen sie kurzfristig in wärmere Regionen. „Wenn das Wetter weiterhin mild bleibt und der Winter nur regional, vereinzelt und kurz vorbeischaut, könnten die Daheimbleiber auch ihren Brutbeginn vorverlegen“, sagt

Martina Gehret. Umso gefährlicher sind aber dann ein später Wintereinbruch oder Spätfrost. „Bei Vogelarten, die nur einmal im Jahr brüten, könnte das zu einem kompletten Brutausfall führen.“

Gesamtergebnis

Nach dem Ausbleiben im Vorjahr sind die Meisen wieder da. So hat nicht nur die Kohlmeise die Spitzenposition zurückerobert, auch Blau-, Sumpf,-, Tannen und Haubenmeisen wurden wieder weitaus häufiger gezählt als noch 2017. Der Einbruch wurde im Laufe des Jahres wieder vollständig ausgeglichen. Trotz rückläufiger Gesamtbestandszahlen lieferten sich Haus- und Feldsperling ein spannendes Kopf- an-Kopf Rennen um die Positionen 2 und 3. Mit etwas Abstand dahinter landet die Blaumeise auf einem soliden 4. Platz. Weit abgehängt wurde dagegen die Amsel auf Rang 5. Derartige Schwankungen gab es aufgrund verschiedenster Faktoren jedoch schon in der Vergangenheit und sind noch kein Grund zur Beunruhigung. „Sollte die Amsel im nächsten Jahr allerdings erneut so schwach sein, muss die Situation neu bewertet werden“, so Gehret. Doch bisher konnte die Amsel über die Jahre ihre Verluste immer wieder ausgleichen.

Rekordverdächtig in diesem Jahr sind auch die Meldungen von Spechten. So wurde der Buntspecht so häufig und in so vielen Gärten wie noch nie beobachtet und schaffte es fast in die Top Ten (11.). Aber auch seine Verwandten wie Grün-, Mittel- und Kleinspecht wurden häufiger gesichtet. „Perfekte Witterungsbedingungen und die damit verbundenen zahlreichen Borkenkäferarten bescherten den Spechten viel Nahrung und somit ein erfolgreiches Brutjahr“, erklärt die Forstingenieurin.

Besonderheiten waren in diesem Winter mit Sicherheit die Beobachtungen eines seltenen Steinkauzes in Seefeld (Lkr. Starnberg) und in Bayreuth. Großes Glück hatten auch Teilnehmer aus München und Miltenberg. Sie beobachteten einige Kraniche, die wetterbedingt ungewöhnlich spät weiter Richtung Südwesten flogen.

Regionale Unterschiede

Die Teilnehmer in Niederbayern bekamen mit 41 pro Garten die meisten Vögel zu sehen. Danach folgen Ober- (38) und Unterfranken (37) sowie die Oberpfalz (35) und Schwaben (35). Unter dem bayerischen Durchschnitt von 34 lagen Mittelfranken (33) und Oberbayern (30).

In vielen Großstädten lagen die Zahlen besonders niedrig. Mit im Schnitt nur 21 Vögeln pro Garten ist München erneut die vogelfeindlichste Stadt Deutschlands. Hier fordern Bauboom und der ungebremste Flächenfraß ihren Tribut. Zum Vergleich werden im Schnitt in Wien 23 und in Berlin sogar 35 Vögel pro Garten beobachtet. Und auch Nürnberg (25), Augsburg (25) und Bamberg (26) unterstreichen den städtischen Abwärtstrend.

Bezirks- und landkreisgenaue Ergebnisse und Auswertungen finden Sie unter www.stunde-der-wintervoegel.de.

LBV; Foto: © Frank Derer

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