20.03.2013, 16:46 Uhr
Zu Beginn des Verfahrens machte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) am Mittwoch deutlich, dass der Bürgerentscheid vom Juni 2012 ohne rechtliche Bedeutung für das Verfahren ist. «Die Auswirkungen des Bürgerentscheids sind als unsicher zu beurteilen», sagte der Vorsitzende Richter Erwin Allesch.
Die geplante dritte Startbahn für den Münchner Flughafen steht seit Mittwoch auf dem juristischen Prüfstand. Der VGH muss über eine Reihe von Klagen gegen das Milliardenprojekt entscheiden. Mehrere von der Piste betroffene Kommunen, der Landkreis Freising, der Bund Naturschutz in Bayern (BN) und Privatkläger wollen den Planfeststellungsbeschluss zu Fall bringen oder wenigstens schärfere Auflagen beim Lärmschutz erreichen. Bund und Freistaat halten trotz massiver Proteste in der Region an der Startbahn fest.
Die Anwältin des BN, Ursula Philipp-Gerlach, hatte zu Beginn des Prozesses angeregt, das Verfahren auszusetzen. Erst solle der Europäische Gerichtshof (EuGH) entscheiden, ob für den Prozess nach dem Bürgerentscheid überhaupt noch eine rechtliche Grundlage besteht. Die Landeshauptstadt ist Miteigentümerin des Airports. Durch das Nein der Münchner Bürger sei die notwendige Einstimmigkeit in der Flughafen-Gesellschafterversammlung nicht mehr gegeben, argumentierte die Anwältin.
Der mit drei Richterinnen und Richtern besetzte 8. Senat des VGH kam jedoch nach kurzer Beratung zu der vorläufigen Einschätzung, dass das Nein aus München keinen Einfluss auf das Verfahren hat. Genau will das Gericht dies erst in seinem Urteil begründen.
Am ersten Prozesstag spielten auch zwei Grundstücke des BN im Baugebiet der geplanen Piste eine Rolle. Während dessen Anwälte von naturschutzrechtlich wertvollen Flächen sprachen, auf denen sogar der seltene Wachtelkönig niste, halten die Juristen der Flughafengesellschaft die Areale lediglich für Sperrgrundstücke. Mit ihnen wolle der BN zusätzlich zu seinem Verbandsklagerecht auch privat klagen.
Die Regierung von Oberbayern hatte im Sommer 2011 grünes Licht für den Bau der Startbahn gegeben. Die mindestens 1,2 Milliarden Euro teure, vier Kilometer lange Betonpiste würde auf dem zweitgrößten deutschen Airport stündlich bis zu 30 weitere Flugbewegungen ermöglichen. 120 wären es dann auf alle drei Startbahnen verteilt.
Der sechstgrößte Flughafen Europas stößt nach Betreiberangaben angesichts steigender Passagierzahlen an seine Kapazitätsgrenzen. Von den Auswirkungen der dritten Startbahn, hauptsächlich dem Fluglärm, wären neben der Stadt Freising mehrere Gemeinden betroffen. Ganze Ortsteile müssten abgesiedelt werden.
Ende Mai will der VGH nach 14 Verhandlungstagen in München sein Urteil verkünden. Vorsorglich hat er aber bereits sieben weitere Verhandlungstage bis Mitte Juli eingeplant. Im Zentrum des langwierigen Verfahrens werden der Bedarf für die Startbahn, die Beeinträchtigung durch Fluglärm und Schadstoffe sowie das europäische und nationale Naturschutzrecht stehen.
dpa-infocom / ie