Frank Leonhardt/Archiv
05.10.2018

Rettungsprogramm für die MVV-Tarifreform

Eine große Finanzspritze des Freistaats lässt die Nutzer von Bus und Bahn im Großraum München wieder auf attraktive Preise und bessere Fahrtaktungen hoffen. Bis dahin ist Geduld gefragt. Nicht nur an der Haltestelle.

Mit einem 50 Millionen-Euro-Zuschuss will die Staatsregierung die ins Stocken geratene Reform des Tarifsystems im öffentlichen Personennahverkehr im Großraum München retten. «Unser Ziel ist es, dass der ÖPNV günstiger, schneller und verlässlicher wird», sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Freitag in München nach einem Treffen mit allen kommunalen Vertretern im Münchner Verkehrsverbund (MVV). Dazu brauche es mehr Linien, mehr Fahrzeuge und ein besseres Preisangebot.

Der Zuschuss der Staatsregierung setzt sich zusammen aus zwei Töpfen – 35 Millionen Euro stehen laut Verkehrsministerin Ilse Aigner den Kommunen zur Kompensation kurzfristiger Mindereinnahmen infolge der Tarifreform zur Verfügung, die restlichen 15 Millionen sollen zur Verbesserung der Taktfrequenzen der S-Bahn auf den Außenästen eingesetzt werden. Aigner geht davon aus, dass der angepeilte Start der Tarifreform im Juni 2019 nicht zu halten ist und erst zum Dezember 2019 greifen kann.

Die Mitgliedskommunen des MVV suchen seit Jahren einen Kompromiss bei der Reform des Tarifnetzes. Zahlreiche Gemeinden lehnten die Pläne als ungerecht ab, weil ihre Bürger mehr als bisher für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zahlen müssten. Dies gilt insbesondere für Fahrten aus der weiteren Umgebung in die Münchner Innenstadt. Der MVV habe nun die Aufgabe, die Reform so umzugestalten, dass «am Schluss nur noch Gewinner herauskommen», betonte Aigner.

Langfristig, so Söder und Aigner, sei es Ziel der Staatsregierung, durch die Einführung eines 365-Euro-Jahrestickets die Attraktivität des ÖPNV in allen bayerischen Großstädten deutlich zu erhöhen. Ab 2020 solle in den ersten Städten mit der Reform begonnen werden, der Abschluss werde dann im Laufe des folgenden Jahrzehnts erfolgen. An den Kosten wird sich dann auch der Bund beteiligen, da damit auch das Ziel einer geringeren Luftverschmutzung verbunden ist.

Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter äußerte sich dazu:

„Wenn der Freistaat Bayern nach dreijähriger Teilnahme in den Abstimmungsgremien von seiner strikten Ablehnung einer Subventionierung des Tarifs jetzt Abstand nimmt und 35 Mio. Euro jährlich zusagt, begrüße ich das natürlich. Nachdem es trotz meiner mehrfachen Nachfrage zum heutigen Gespräch keinen konkreten Vorschlag der Staatsregierung, bzw. der Landkreise gegeben hat, bleibt auch nach dem heutigen Termin völlig offen, wie die Vielzahl der Wünsche im Tarifmodell berücksichtigt werden soll.

Unabdingbar bleibt aber, dass die Menschen auf Vereinfachungen und Verbesserungen nicht noch länger warten müssen und selbstverständlich die Münchnerinnen und Münchner in gleichem Maße davon profitieren. Ich erwarte, dass Freistaat und Landkreise jetzt zügig einen Vorschlag erarbeiten, der für alle Beteiligten zustimmungsfähig ist. Den Münchner Stadtrat werde ich erst dann wieder befassen, wenn alle Kreistage dem neuen Modell zugestimmt haben.“


dpa-infocom

Zur Übersicht

Auch interessant