Für Jahe, mit 13 Jahren noch eine relativ junge und unerfahrene Mutter, ist es der erste gelungene Nachwuchs. Deshalb kümmert sich nun die 41-jährige Matra liebevoll um die Aufzucht beider Orang-Utan-Babys.
Schon seit einigen Tagen fällt auf, dass Matra neben ihrem eigenen Sohn noch ein zweites Baby im Arm trägt und stillt. Doch die beiden Orang-Utan-Babys sind keine Zwillinge, sondern Halbgeschwister. Der Vater von beiden ist der Chef der Gruppe, Bruno. Die Mutter des jüngeren Tieres ist Jahe, die mit 13 Jahren noch recht jung und unerfahren ist. Sie hat wenige Wochen nach Matra ein Baby zur Welt gebracht, war jedoch schon wenige Stunden nach der Geburt überfordert und hat das Jungtier an die erfahrene Matra abgegeben. Die ältere Orang-Utan-Mama kümmert sich nun rührend um die beiden kleinen Orang-Utans. „Solange Matra genügend Milch produziert, und das tut sie, kann sie die beide Jungtiere ohne Bedenken großziehen.“, so die zuständige Kuratorin Beatrix Köhler. Weiter erklärt sie: „Dass sich Matra um beide Babys kümmert, ist nicht so ungewöhnlich. Dieses Verhalten kann bei Orang-Utans in ihrem natürlichen Lebensraum ebenso vorkommen wie in menschlicher Obhut. Bereits in der Vergangenheit konnte man in Zoos beobachten, dass sich die erfahrenste Mutter der Gruppe um den gesamten Nachwuchs kümmert. Für Jahe ist das eine große Entlastung. Man kann beobachten, dass sie zwar aus der Ferne immer mal wieder Matra beobachtet, sich jedoch nicht näher für das Kind interessiert.“
Für Matra, seit 1993 in Hellabrunn, ist es bereits das sechste Jungtier. Sie ist eine sehr erfahrene und liebevolle Mutter. Gemeinsam mit ihr lebt auch ihre Tochter Jolie, die 2009 in Hellabrunn geboren wurde. Sie und die anderen weiblichen Mitglieder der Gruppe, Sitti und Isalie, haben sich inzwischen gut an die neue Situation mit dem doppelten Nachwuchs gewöhnt. Vor allem Jolie verbringt viel Zeit an Matras Seite und versucht hin und wieder, auch noch etwas von der Muttermilch abzubekommen.
„Damit sich Matra mit den Jungtieren zurückziehen kann und ihre Ruhe hat, haben wir uns entschlossen, mithilfe einer Absperrung vorübergehend einen größeren Abstand zwischen den Besuchern und den Tieren zu schaffen.“, erläutert Beatrix Köhler. „So kann Matra selbst entscheiden, wann sie ihren Nachwuchs zeigen möchte.“ Zudem soll mit der Absperrung und der bis auf weiteres abgeklebten Scheibe gewährleistet werden, dass sich auch die anderen Orang-Utans weiterhin in der Gruppe wohlfühlen. „Vor allem Bruno liebt die Aufmerksamkeit der Besucher und möchte trotz des Nachwuchses von ihnen beachtet werden.“, so Beatrix Köhler. Sie ist in ständigem Kontakt mit den zuständigen Tierpflegern und ist zuversichtlich, dass Matra die Situation mit dem doppelten Nachwuchs gut organisiert.
Hellabrunns ältester Orang-Utan Bruno ist bereits über dreißig Mal Vater geworden. Neben den zwei Neugeborenen leben mit seinen Töchtern Isalie und Jolie noch zwei weitere seiner Nachkommen in Hellabrunn. Er selbst wurde 1969 im Tierpark geboren. Damit ist er jedoch nicht der älteste Orang-Utan in einem wissenschaftlich geführten Zoo. In Perth lebt die 60-jährige Puan als ältester Sumatra-Orang-Utan. Dafür gab es sogar einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde.
Der natürliche Lebensraum der Sumatra-Orang-Utans ist einzig die gleichnamige indonesische Insel. Sie zählen zu den am stärksten gefährdeten Affenarten weltweit. Hellabrunn engagiert sich seit vielen Jahren für ein Projekt der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt, die auf Sumatra, im Nationalpark Bukit Tigapuluh, eine Auswilderungsstation betreibt. Die Station liegt im Zentrum Sumatras, wo seit mehr als 150 Jahren keine Orang-Utans mehr leben. Ziel des Projekts ist es, in Bukit Tigapuluh durch Auswilderungen eine sogenannte Rettungsboot-Population für Sumatra-Orang-Utans aufzubauen. Beschlagnahmte und verwaiste Tiere werden monatelang auf die Auswilderung vorbereitet. Mit großem Erfolg: Bis heute konnten bereits mehr als 160 Orang-Utans dauerhaft ausgewildert werden.
Wer nicht nur den Tierpark Hellabrunn bei der Pflege und Versorgung der Orang-Utans in besonderem Maße unterstützen, sondern sich auch nachhaltig für den Artenschutz engagieren möchte, kann dies im Rahmen einer Jungtier-Patenschaft tun. Die beiden jüngsten Mitglieder der Hellabrunner-Orang-Utan Gruppe suchen noch einen Paten – dieser darf dann auch einen Namen auswählen.