23.01.2014, 17:13 Uhr
Er wolle persönlich sagen, «dass mir das unendlich leid tut, was da passiert ist», sagte Jürgen Böhnhardt am Donnerstag im NSU-Prozess in München. Zugleich berichtete der heute 69-Jährige, dass er vom Abdriften seines Sohnes in die Neonazi-Szene nichts gewusst habe. «Das haben wir damals überhaupt nicht geahnt.»
Böhnhardt sagte, er wolle sein «Beileid ausdrücken den Leuten, die Opfer geworden sind von den Uwes» – und sich bedanken, dass er von den Familien nicht zur Rechenschaft gezogen, beschimpft oder erpresst worden sei. «Da muss ich Ihnen eigentlich dankbar sein», sagte er.m
Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos, die zusammen mit Beate Zschäpe den «Nationalsozialistischen Untergrund» gebildet haben sollen, werden unter anderem zehn Morde an Geschäftsleuten ausländischer Herkunft und einer Polizistin zur Last gelegt. Böhnhardt und Mundlos töteten sich am 4. November 2011 selbst, um der Festnahme zu entgehen. Beate Zschäpe ist als Mittäterin an allen Attentaten des NSU angeklagt.
Jürgen Böhnhardt sagte weiter, er könne sich in die Situation der Opferfamilien «reinversetzen». Sein älterer Sohn Peter sei auch plötzlich zu Tode gekommen, und man habe nie erfahren, wie er gestorben sei. Über seinen Sohn Uwe sagte er, dieser habe dumme und bösartige Sachen gemacht. «Das ist ja schon gemeingefährlich, was sie gemacht haben.» Aber Uwe sei ebenfalls tot. «Er ist auch erschossen worden – wir werden auch das Problem ewig haben», sagte er. «Der Verlust von einem Angehörigen, das wird ewig an einem hängenbleiben.»
Rückblickend berichtete Jürgen Böhnhardt, man habe auf Fotos zwar gesehen, dass Uwe bei rechten Demonstrationen «mittendrin» gewesen sei, dass er Bomberjacke und Springerstiefel getragen habe. «Aber das ist zu der Zeit normal gewesen, das haben alle Leute gehabt.»
Die Eltern hätten Uwe allerdings zur Rede gestellt; da habe dieser abgewiegelt oder keine Antwort gegeben. Man habe den «Ernst der Lage» nicht erkannt, sagte Böhnhardt – obwohl Uwe wiederholt im Visier der Justiz war. Und auch Uwes Freunde Uwe Mundlos und Beate Zschäpe, die man später ebenfalls auf Fotos von rechten Aufzügen gesehen habe, hätten er und seine Frau befragt. Man dürfe doch seine Meinung sagen, hätten sie geantwortet – und dass sie nichts Ungesetzliches täten.
Jürgen Böhnhardt aus Jena schilderte zudem, wie er und seine Frau nach dem Untertauchen des Trios noch mehrfach Kontakt zu den dreien hatten, erst per Telefon, und dann habe man sich auch dreimal in Chemnitz getroffen. «Unsere Forderung war: Kommt zurück, stellt euch, es wird nicht besser.» Doch die drei seien dazu nicht bereit gewesen. Das letzte Treffen war demnach 2002. Da hätten die drei gesagt: «Wir gehen jetzt fort, wir treffen uns nicht wieder.» Und von damals an habe man bis zum Tod der «Uwes» 2011 tatsächlich nichts mehr gehört.
Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe waren 1998 abgetaucht, nachdem die Polizei in Jena Garagen durchsucht hatte, in denen die drei eine Bombenwerkstatt eingerichtet hatten. Ab September 2000 begann die brutale Mordserie an Geschäftsleuten ausländischer Herkunft.
dpa-infocom / ms