22.10.2013, 12:29 Uhr
Wer kennt das nicht: Man möchte nur kurz das Auto umsetzen oder in die Garage fahren, ohne sich anzuschnallen, und ständig warnt einen der eingebaute Gurtalarm mit einem Piepton, doch den Gurt anzulegen. Auch wenn man seiner Anschnallpflicht nachkommt und den Beifahrersitz mit einem schwereren Gegenstand belastet, kann es sein, dass der Sensor dies als Person erkennt und die ganze Fahrt piepender Weise darauf besteht, den „Fahrgast“ doch anzuschnallen.
Findige Hersteller haben deshalb einen „Gurt-Alarm-Stopper“ auf den Markt geworfen:
Mit diesem Gerät, dass anstatt der normalen Gurtzunge in das Gurtschloss gesteckt wird, lässt sich der Gurtalarm abstellen – und Ruhe herrscht im Auto.
Dies ist sicherlich sinnvoll, um einer „Überreaktion“ des Sensors entgegenzuwirken, denn bei manchen Autos reicht schon das Gewicht einer Wasserflasche (oder einer schweren Handtasche, meine Damen!) aus, um den Gurtalarm zu aktivieren. Ganz falsch wäre es jedoch, den Gurtalarm-Stopper zu nutzen, um „in Ruhe“ unangeschnallt am Straßenverkehr teilzunehmen.
Wie ist eigentlich die rechtliche Situation in Deutschland beim Thema Anschnallpflicht?
Die allgemeine Anschnallpflicht für die Vordersitze trat schon 1974 in Kraft, seit 1979 auch für die Rücksitze. Seit 1. Juli 2004 müssen in Deutschland alle neu zugelassenen Pkw auf allen Sitzen mit Dreipunktgurten ausgerüstet sein; der hinten in der Mitte übliche Beckengurt entfällt.
Die Anschnallpflicht im Straßenverkehr wurde eingeführt, um bei Verkehrsunfällen volkswirtschaftliche Schäden durch Körperverletzungen und Schadensereignisse abzuwenden. In Deutschland beträgt das Verwarnungsgeld einheitlich 30 EUR (Regelsatz bei fahrlässigem Handeln). Von Kritikern der Anschnallpflicht wird diese als eine Form von Vormundschaft empfunden und somit als ungerechtfertigte Einmischung des Staats in private Belange angesehen.
In Deutschland braucht man sich bei Fahrten mit Schrittgeschwindigkeit, beim Rückwärtsfahren und beim Haus-zu-Haus-Verkehr (z.B. Paketdienste) nicht anzuschnallen. Es gibt ferner Ausnahmen von der Anschnallpflicht, die auf Antrag unter Vorliegen medizinischer Indikationen vom Straßenverkehrsamt ausgestellt werden. Mietwagen- und Taxifahrer, die Fahrgäste an Bord haben, sind von der Gurtpflicht befreit. Bei Leerfahrten müssen aber auch sie sich anschnallen. Sie müssen auch die Fahrgäste darauf hinweisen, dass sie sich anschnallen müssen.
Seit 1993 gibt es zusätzlich genaue Vorschriften über die Sicherung von Kindern in Pkw: § 21 Abs. 1a StVO mit Wirkung vom 1. April 1993.
Nach einem Unfall kann bei Nichtanschnallen das zustehende Schmerzensgeld gegebenenfalls von der Kfz-Haftpflichtversicherung des Verursachers gekürzt werden.
Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs besteht die Pflicht zum Anlegen des Sicherheitsgurts „während der Fahrt“ nach § 21a Absatz 1 Satz 1 StVO auch bei einem kurzzeitigem verkehrsbedingtem Stillstand des Fahrzeuges, wie beispielsweise dem Warten vor einer roten Ampel.
Quelle: wikipedia.de
Die Hersteller der Gurtalarm-Stopper (oder auch: Anti Gurtwarner) weisen in ihren Angeboten auf diese Situation auch mehr oder weniger augenscheinlich hin – wie die Geräte allerdings genutzt werden, darauf haben sie natürlich keine Einfluss.
Der Redaktion liegen die Aussagen eines Taxifahrers vor, der von Fahrgästen berichtet, die den Gurtalarm-Stopper bereits am Schlüsselbund hängen haben und ihn auch in seinem Taxi nutzen….
uk / Teaserbild:Torsten Henning, PMcM,Liftarn, GNU Free Documentation License