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Im Sommer sollen dezentral in der Stadt Verkaufsstandl, kleinere Fahrgeschäfte und Gastronomie zu ermöglct werden – um dennoch das Volksfest-Feeling der ausfallenden Auer Maidult oder des Oktoberfest dennoch zu ermöglichen und auch die Schausteller zu unterstützen.
„Zum Münchner Lebensgefühl gehören traditionelle Schmankerl, genauso wie die Maß Bier. Es ist wichtig, unseren Markt- und Schaustellern die Möglichkeit zu geben, diese heimischen Spezialitäten anbieten zu können und sie dabei zu unterstützen. Das Angebot, geeignete öffentliche Plätze nutzen zu können, ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, aber auch noch ausbaufähig. Wenn wir den typischen Münchner Charme auch in Zukunft erhalten wollen, müssen wir jetzt kreative Lösungen finden, um den Münchner Betreibern der mobilen Gastronomie- und Verkaufsbetrieben die Chance zu geben, diese schwierige Zeit zu überleben.“
Fraktionsvorsitzender Manuel Pretzl
„Außerdem sollen Kunst- und Kulturschaffende ebenso mitwirken. Natürlich darf das Konzept insgesamt nicht zu komplex gestaltet werden, denn es soll auch schnell umgesetzt werden. Wir würden uns wünschen, dass wir auch vor dem Juli schon beginnen, indem man etwa stellenweise, wo es passt, schon mal loslegt. Wir freuen uns sehr darauf und sind gespannt!“
Klaus Rupp, SPD-Stadtrat
Erstmals seit mehr als 70 Jahren keine Wiesn, und auch sonst keine Volksfeste: Die Schausteller darben, die Menschen sehnen sich nach Abwechslung. München will nun neue Wege gehen: Buden und bestimmte Fahrgeschäfte könnten den Überlegungen zufolge dezentral an verschiedenen Orten in der Stadt aufgestellt werden.
Es sei keine Ersatz-Wiesn, betonte der Münchner Wirtschaftsreferent und Wiesnchef Clemens Baumgärtner (CSU) am Dienstag. «Wir wollen auf gar keinen Fall eine Wiesn über die ganze Stadt, sondern einen Sommer in der Stadt.» Nicht zuletzt könnten die Münchner wegen der Pandemie nicht so in Urlaub fahren wie sonst. Zugleich gehe es darum, den unter der Krise leidenden Schaustellern zu helfen. Vergleichbare Pläne aus anderen Städten seien ihm nicht bekannt, sagte Baumgärtner. Der «Münchner Merkur» und die «tz» hatten zuvor berichtet.
«Es ist für München ein neuer Gedanke. Und es ist schön, dass man sich um unsere Belange Gedanken macht», sagte Peter Bausch, kommissarischer Vorsitzender des Münchner Schaustellervereins. Am Mittwoch will der Stadtrat über den Vorschlag beraten. Dazu liegt ein fraktionsübergreifender Antrag von SPD, Grüne und CSU vor.
«Ich finde die Idee charmant», urteilte der Sprecher der Wiesnwirte, Peter Inselkammer. «Es wird keine Wiesn. Aber die Fröhlichkeit wieder in die Stadt zu bringen, ist gut.»
Wirte, Schausteller, Budenbesitzer und Brauer suchen längst nach Lösungen für diesen Sommer. Schon jetzt ist klar, dass die Wiesnfans trotz der Absage des Oktoberfests nicht auf dem Trockenen sitzen müssen: Die Brauereien werden das Wiesnbier trotzdem brauen. Die Ochsenbraterei bietet bereits eine Wiesn-Reminiszenz: Anstelle des ganzen Ochsen am Spieß gibt es den Ochsen in der Semmel an Biergärten zum Mitnehmen – als «kleiner kulinarischer Trost für ein Jahr ohne Wiesn», heißt es auf der Internetseite.
Am 21. April hatten Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) das Oktoberfest für dieses Jahr wegen der Ansteckungsgefahr abgesagt. Auch die allermeisten anderen großen Volksfeste im Süden sind gestrichen, vom Gäubodenfest in Straubing über das Rosenheimer Volksfest bis zum Canstatter Wasen in Stuttgart. Für die Schausteller ist das wirtschaftlich katastrophal, viele hatten die letzten Einnahmen im vergangenen Herbst.
In Landshut hatten Festwirte die Not zur Tugend gemacht und eine Drive-in-Dult organisiert. Gäste konnten Mandeln und Lebkuchenherzen kaufen – und im Auto ansteckungsfrei Volksfeststimmung erleben. Sie fuhren bei Musik durch ein großes Festzelt und sahen auf Bildschirmen Fotos und Videos aus den vergangenen Jahren.
Infektionsschutz soll auch bei den Münchner Plänen ganz oben stehen, betonte Baumgärtner. Derzeit würden die Möglichkeiten geprüft. «Da wird nicht jedes Fahrgeschäft geeignet sein, um in der Stadt aufgestellt zu werden – um überhaupt in diesen Zeiten aufgestellt zu werden.»
Bei den Imbissbuden mit Zuckerwatte, gebrannte Mandeln oder Würsteln sei wichtig, dass sie nicht umliegenden Gaststätten oder Geschäften Kunden wegnähmen. «Es soll eine Bereicherung sein, wir wollen nicht Bestandsgeschäften Konkurrenz machen.» Gefragt sei die Mitwirkung der örtlichen Bezirksausschüsse, um in allen Stadtteilen Abwechslung zu bieten – und Menschenansammlungen zu verhindern. Auch Infektiologen seien zur Beratung gefragt. «Ich glaube, es funktioniert. Vielleicht werden wir am Ende des Tages nur auf das Kinderkarussell und Schiffschaukel kommen, aber das ist besser als nichts.»
Die Zeit drängt. Es gebe nur einen «schlanken Zeithorizont», sagte Baumgärtner. Das Konzept solle Mitte Juli, spätestens Ende Juli zum Start der Sommerferien stehen. «Es ist echtes Neuland, das wir damit betreten.» Ob auch auf dem Wiesngelände selbst das eine oder andere Fahrgeschäft stehen könnte, ist offen. Baumgärtner ist gerade hier zurückhaltend – er will eine «Wiesn light» vermeiden. Alternativvorschläge zur Nutzung der Theresienwiese reichen von Autokino über eine Blumenwiese bis hin zu Kulturständen. «Da bin ich offen – warum soll man den öffentlichen Raum nicht nutzen?»