«Ich habe keine roten Linien erkennen können, die unüberwindbar wären», sagte Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) lobte nach dem dreistündigen Treffen am Mittwoch im Landtag in München zwar ebenfalls das «sehr konstruktive» Gespräch. Dabei sei festgestellt worden, dass es ein «großes Maß an Übereinstimmungen, aber auch viel Diskussionsbedarf gibt». Söder betonte aber, dass erst nach einem Gespräch mit den Grünen, das am Nachmittag begann, überlegt werde, wie es weitergeht.
Es brauche zwar noch Gespräche, aber es gebe keine K-o.-Kriterien, sagte Aiwanger. Er halte es daher für sinnvoll, schnell mit den Koalitionsverhandlungen zu beginnen. Aus seiner Sicht sei genug sondiert worden. Dies sei dann auch ein Signal, nachdem in Berlin die Koalitionsverhandlungen monatelang gedauert hatten. «Ich glaube, dass man aus dieser Zusammenarbeit eine sehr qualitätsvolle Regierung bilden kann.»
Söder betonte, dass er auf eine «konzentrierte und sachorientierte Arbeit» setze, bei der es nicht darum gehe, ständig Zwischenergebnisse oder Balkonbilder zu präsentieren. Söder spielte damit direkt auf die gescheiterten Jamaika-Verhandlungen nach der Bundestagswahl 2017 an.
Um 14.00 Uhr setzten sich CSU und Grüne für die nächste Sondierungsrunde an einen Tisch. Man sei inhaltlich gut vorbereitet, sagte Grünen-Spitzenkandidat Ludwig Hartmann beim Eintreffen. «Vielleicht bringen wir das Beste aus den beiden Welten zusammen.»
Nach den Sondierungen will die CSU entscheiden, mit welcher Partei sie konkrete Koalitionsverhandlungen aufnehmen will. Dazu sollte es entweder noch am Mittwochabend oder am Donnerstagmorgen eine Telefonschalte des Präsidiums geben.
Offen ist noch, wie lange die Grünen und die Freien Wähler ihrerseits brauchen, um sich für oder gegen Koalitionsverhandlungen auszusprechen. Die Freien Wähler könnten am 27. Oktober bei ihrem Parteitag über die bis dato ausverhandelten Inhalte abstimmen.
Für die CSU nahmen neben Söder und Parteichef Horst Seehofer auch die bisherigen Minister Ilse Aigner, Joachim Herrmann, Florian Herrmann, Albert Füracker, Melanie Huml, Michaela Kaniber, Fraktionschef Thomas Kreuzer und Generalsekretär Markus Blume teil. Bei den Freien Wählern saßen neben Aiwanger die Europaabgeordnete Ulrike Müller, Landrat Armin Kroder, Parteivize Michael Piazolo sowie die drei Abgeordneten Florian Streibl, Thorsten Glauber und Peter Bauer mit am Tisch. Die Delegation der Grünen wurde angeführt von den Spitzenkandidaten Katharina Schulze und Ludwig Hartmann. An ihrer Seite standen die Landeschefs Sigi Hagl und Eike Hallitzky, die Bundestagsabgeordneten Claudia Roth und Toni Hofreiter, Jens Marco Scherf (Landrat Miltenberg) und Martina Wild (Fraktionsvorsitzende Augsburg).
Söder und Seehofer hatten in den vergangenen Tagen immer wieder betont, dass sie mit einem Bündnis mit den Freien Wählern deutlich mehr sympathisieren. Bei den Grünen sehen sie etwa in den Bereichen Innenpolitik und Umweltschutz erhebliche inhaltliche Differenzen. Die Freien Wähler stellen 27 Abgeordnete im Landtag, die CSU hat 85. Für eine Mehrheit braucht ein Bündnis mindestens 103 Sitze. Die Grünen kommen im neuen Landtag auf 38 Abgeordnete.
Gegen die Freien Wähler spricht dagegen nur deren Forderung nach bis zu fünf Ministerien. Für Aiwanger gehören die Abschaffung der Kita-Gebühren und eine Absage an die dritte Startbahn am Münchner Flughafen zu den wichtigsten Forderungen. Er fordert zudem eine neue Umgangsform im Landtag, auch mit der AfD wolle er eine konstruktive Zusammenarbeit pflegen. «Bayern soll bürgernäher werden», betonte er bei der konstituierenden Sitzung der Fraktion am Dienstagabend.
Unklar ist zudem, ob auch die SPD noch bereit wäre, sich mit der CSU zu Sondierungen zu treffen. Der Vorstand will darüber am Sonntag beraten. Diese Option würde nur zum Tragen kommen, sollten die Gespräche mit Freien Wählern und Grünen scheitern. Die CSU hatte bei der Landtagswahl nur 37,2 Prozent geholt. Die SPD landete bei 9,7 Prozent. Zweitstärkste Kraft wurden die Grünen mit 17,5 Prozent.