Wir trauern um Altoberbürgermeister Georg Kronawitter, der am Abend des 28. April 2016, eine Woche nach seinem 88. Geburtstag, nach kurzer, schwerer Krankheit verstorben ist. Wir trauern um einen großartigen Menschen, einen überaus erfolgreichen Politiker und einen echten Freund.
Geboren wurde Georg Kronawitter am 21.04.1928 in Oberthann, Lkrs. Pfaffenhofen a. d. Ilm. Er besuchte die Volksschule 1934 bis 1942 in Niederthann, die Landwirtschaftliche Berufsschule 1942 bis 1944 in Schweitenkirchen und die Lehrerbildungsanstalt 1944 in Zangberg bei Mühldorf. Während des Zweiten Weltkriegs kam er im Spätherbst 1944 in ein Wehrertüchtigungslager und dann zum Reichsarbeitsdienst (RAD) bis Kriegsende 1945. Nach der Gefangennahme durch die Amerikaner floh er in der dritten Nacht und schlug sich nach Hause durch.
Danach war er Bäckerlehrling bei seinem Onkel Lorenz Kronawitter in München bis April 1946, setzte seine Ausbildung in der Lehrerbildungsanstalt 1946 bis 1949 in München-Pasing fort, legte die 1. und 2. Lehramtsprüfung 1949/1951 in München ab und war Lehramtsanwärter 1949 bis 1951.
Nach dem Externenabitur 1952 in München begann er ein Studium an der Ludwig-Maximilians-Universität 1952 bis 1956 (Wirtschaftswissenschaften und Pädagogik), schloss als Diplom-Handelslehrer 1956 ab und wurde Lehrer an kaufmännischen Schulen in München 1956 bis 1962
In die SPD trat er erst mit 34 Jahren – im Januar 1962 – ein. Waldemar von Knoeringen, der damalige Landesvorsitzende der SPD, holte den jungen Studienrat zur Schaffung eines agrarpolitischen Referats. 1966 zog er in den Landtag ein, wurde schnell wegen seines Fachwissens über alle Fraktionen hinweg anerkannter Agrarexperte. Schon damals vertrat er einen Kleinbauern gegen den Milliardär August von Finck und machte sich bundesweit einen Namen als Kämpfer für mehr Gerechtigkeit. 1970 wurde er zum Vorsitzenden des SPD-Bezirks Südbayern gewählt. Sein politischer Traum war damals, der erste bayerische Landwirtschaftsminister der SPD zu werden.
Georg Kronawitter wurde als Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München für die Amtsperioden von 1972 bis 1978, sowie von 1984 bis 1993 gewählt. In den zwei Kommunalwahlen von 1984 und 1990 mit Georg Kronawitter als OB-Kandidat und als Nummer Eins auf der SPD-Stadtratsliste erlebte die SPD eine Renaissance. 1984 erhielt Kronawitter gegen den amtierenden CSU-OB 58 Prozent der Stimmen, 1990 gegen den bekannten CSU-Spitzenkandidaten Bundesminister Jonny Klein sogar 61,6 Prozent. Die CSU erlebte als Partei in München ihr Waterloo. In den zwei „Kronawitter-Wahlen“ 1984 und 1990 wurde sie von über 50 Prozent auf 30,1 Prozent dezimiert. Auch das war bundesweit einmalig. Die Münchner SPD konnte von 37 auf 42 Prozent zulegen, obwohl die Grünen mit 10 Prozent und die Republikaner mit 8 Prozent zusätzlich in den Stadtrat einziehen konnten. Kronawitter erwies sich – allen damaligen Widrigkeiten zum Trotz – als großes Zugpferd. Es war Georg Kronawitter, der 1990 das legendäre rot-grüne Bündnis im Münchner Rathaus begründete, das dann bis 2014 hielt.
Kronawitter setzte nach seiner Wahl zum Oberbürgermeister 1990 Christian Ude sofort als Bürgermeister durch und schuf so für seinen Wunsch-Nachfolger beste Bedingungen: Drei Jahre war Ude an seiner Seite Bürgermeister. Ein paar Tage vor Kronawitters Rücktritt wurden die alten CSU-Referenten durch SPD-Fachleute ersetzt. Der Schuldendienst der Stadt war mit 11 Prozent der mit Abstand niedrigste der zehn größten deutschen Städte, im Wohnungsbau war München Spitzenreiter. Ude gewann die Wahl gegen Dr. Gauweiler im ersten Wahlgang mit 50,8 Prozent der Stimmen.
Nach seinem Ausscheiden als Oberbürgermeister kandidierte Kronawitter 1994 noch einmal zum Landtag. In seinem Stimmkreis München-Mitte holte er nicht nur das Direktmandat für die SPD zurück, sondern erreichte mit einem Zuwachs von 10,1 % auch den größten Erfolg aller 102 SPD-Stimmkreiskandidaten. Im Landtag kämpfte er vor allem für mehr Steuergerechtigkeit.
Von 1999 bis 2002 gewann ihn die Münchner Abendzeitung als ihren „Bürgeranwalt“. Auf Grund seiner Erfahrung und Verbindungen konnte er zahlreichen besonders bedürftigen Menschen helfen. Als „Bürgeranwalt“ festigte er auch noch nach seiner OB-Zeit bis fast zu seinem 75. Lebensjahr das Etikett „Anwalt der kleinen Leute“.
2005 kam es in der Hochhaus-Frage auf sein Betreiben hin zu einem Bürgerentscheid. Die Mehrheit der Abstimmenden war mit Georg Kronawitter am Ende der Meinung, dass die 100 Meter der Frauentürme für die ganze Stadt als Höchstmaß gelten sollten. Bis zuletzt engagierte er sich vor allem für soziale Gerechtigkeit und ganz besonders für die Wiedererhebung der Vermögenssteuer.
Anlässlich der Feier zur 70. Wiedergründung der Münchner SPD heuer im März ließ es sich Georg Kronawitter trotz Krankheit nicht nehmen, bei „seiner“ Partei zu sein – es war sein letzter öffentlicher Auftritt.
Wir verneigen uns vor einem der ganz großen Menschen und Politiker. Unsere Anteilnahme gilt seiner Frau Hildegard und seinen beiden Kindern Isabell und Florian. Georg Kronawitter wird für immer einen ganz besonderen Platz in unserer Stadt und in der Münchner SPD einnehmen.