Bild: Friso Gentsch/Archiv
06.03.2018

Wie viele Menschen hat er getötet?

Die Münchner Polizei ermittelt gegen einen 36 Jahre alten Pfleger. In der Nacht zum Rosenmontag soll er einen 87-Jährigen Mann getötet haben. Nun fragt man sich: Hat Wolsztajn noch weitere Verbrechen begangen?

Am Rosenmontag, 12.02.2018, rief in den frühen Morgenstunden ein 36-jähriger Pole, der als ungelernte Pflegehilfskraft tätig war, den Pflegenotruf, weil er den von ihm zu betreuenden 87-jährigen Rentner leblos in dessen Bett aufgefunden hätte. Der Notarzt konnte jedoch nur noch den Tod des Rentners feststellen. Der zur Leichenschau hinzugezogene Arzt stellte bei der Untersuchung der Leiche jedoch Auffälligkeiten fest und bescheinigte hier eine nicht aufgeklärte Todesart. Bei der Leichensachbearbeitung durch die Beamten der Polizeiinspektion 28 und des Kriminaldauerdienstes wurde die ungelernte Pflegehilfskraft überprüft. Dabei stellte sich heraus, dass gegen diesen bereits mehrfach polizeilich ermittelt wird, unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil eines von ihm betreuten Rentners in Weilheim.

Aus diesem Grund wurden das Kommissariat 12 und das Kommissariat 11 verständigt. Bereits während der Obduktion des Leichnams im Institut für Rechtsmedizin wurde der 36-Jährige beim Kommissariat 11 vernommen und dessen persönliche Habe durchsucht. Dabei wurden in dessen Geldbörse zwei EC-Karten des Verstorbenen und die dazugehörenden PIN-Mitteilungen sowie Bargeld in Höhe von 1.210 Euro aufgefunden. In seinem Gepäck fanden sich ein sogenannter Insulin-Pen und mehrere Ampullen mit Insulin. Im Rahmen der Vernehmung räumte der nun Beschuldigte ein, das Bargeld und die EC-Karten nach dem Ableben des Rentners aus einer Geldkassette entwendet zu haben.

Währenddessen wurden im Institut für Rechtsmedizin an der Leiche mehrere fragliche Einstichstellen, wie von Injektionen, sowie ein extrem niedriger Blutzuckerwert festgestellt. Der 36- Jährige stritt zunächst ab, mit dem Ableben des Rentners etwas zu tun zu haben. Er wurde vorläufig festgenommen und in die Haftanstalt eingeliefert. Bei der Fortsetzung der Beschuldigtenvernehmung am Faschingsdienstag, 13.02.2018, räumte er schließlich ein, dem Rentner Insulin verabreicht zu haben. Weitergehende Angaben hierzu wollte er nicht mehr machen.

Die Staatsanwaltschaft München I beantragte daraufhin beim zuständigen Ermittlungsrichter einen Haftbefehl wegen des Tatvorwurfes des Mordes und des Raubes mit Todesfolge. Der Ermittlungsrichter ordnete die Untersuchungshaft an und der 36- Jährige befindet sich jetzt in der Justizvollzugsanstalt Stadelheim in München.

Aus der Beschuldigtenvernehmung ist bekannt, dass er ab dem Jahre 2008 im Ausland, unter anderem in England und Deutschland, als ungelernte Pflegekraft gearbeitet habe. Seit 2012 habe er durchgehend immer wieder in Deutschland gearbeitet und dort eine Vielzahl von Personen betreut. Genauere Angaben zu den jeweiligen Arbeitsstellen sowie die Namen der zu betreuenden Personen verweigerte er.

Bislang konnten in Deutschland 20 Personen ermittelt werden, welche durch den 36-Jährigen betreut wurden. Es konnte festgestellt werden, dass neben dem getöteten 87-Jährigen in München weitere vier Betreuungspersonen mit teilweise lebensbedrohlichem Zustand ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten. Bei allen wurde ein nicht erklärbarer, teils extrem niedriger Blutzuckerwert, festgestellt. Durch medizinische Notfallmaßnahmen konnten alle vier überleben, eine dieser Personen verstarb jedoch ca. zwei Monate später. Inwieweit hier ein kausaler Zusammenhang vorliegt, wird durch rechtsmedizinische Gutachter geklärt werden müssen. Teilweise erfolgte die Verständigung des Rettungsdienstes durch den 36- Jährigen, teilweise durch hinzukommende Angehörige. In diesen vier Fällen wurde nach jetzigem Erkenntnisstand von dem 36- Jährigen nichts entwendet. Bei allen vier Personen reiste er unmittelbar nach deren Einlieferung ins Krankenaus ab.

Bei einer weiteren Person wurde festgestellt, dass diese wenige Tage nach Ankunft des von Wolsztajn verstarb. Die genauen Umstände des Todes bedürfen jedoch noch weiterer Ermittlungen. Bei drei weiteren durch den 36-Jährigen betreuten Personen besteht der konkrete Verdacht, dass diese von ihm bestohlen worden sind.


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Bei den restlichen elf bislang ermittelten Personen ergab sich bisher kein Verdacht hinsichtlich eines auffallend veränderten Gesundheitszustandes oder auf Diebstahlshandlungen während der Anwesenheit des 36-Jährigen. Allerdings war dieser, entgegen des ursprünglich vereinbarten Zeitraumes in der Regel jeweils nur für kurze Zeit vor Ort. In der überwiegenden Anzahl der Fälle wurde der Vertrag vorzeitig beendet.

Gründe hierfür waren zum einen das festgestellte offensichtlich mangelnde Engagement des 36-Jährigen oder dessen unangemessenes, teils aggressives Verhalten gegenüber den zu Betreuenden, zum anderen die Einlieferung der zu betreuenden Personen ins Krankenhaus. Nach bisherigem Kenntnisstand war der 36-Jährige meist nur ein oder zweimal für die jeweiligen entsendenden ausländischen (überwiegend polnischen und slowakischen) Firmen beschäftigt. Seine Vermittlung an die Angehörigen der zu betreuenden Personen erfolgte in vielen Fällen über in Deutschland ansässige Agenturen.

Zur Erstellung eines Bewegungsbildes sowie zur Ermittlung der Anstellungshistorie, Identifizierung weiterer überlebender als auch verstorbener Opfer wurde auf Antrag der Staatsanwaltschaft München I ein Beschluss zur Öffentlichkeitsfahndung erlassen. Auf diesem Weg erhoffen sich Polizei und Staatsanwaltschaft, dass auch Zeugen und Angehörige ermittelt werden, die Angaben darüber machen können, bei welchen zu betreuenden Personen der 36-Jährige Wolsztajn, auch Jahre zurückliegend, tätig war.

Öffentlichkeitsfahndung:

Der 36-Jährige heißt mit vollständigem Namen: Grzegorz Stanislaw WOLSZTAJN

Wer kann Angaben zu Grzegorz Stanislaw WOLSTAJN machen? Wer kennt Aufenthaltsorte von ihm bzw. kann Personen nennen, die von ihm betreut wurden?
Personen, die sachdienliche Hinweise geben können, werden gebeten sich mit dem Polizeipräsidium München, Kommissariat 11, 80333 München, Ettstraße 2, Tel. 089/2910-0 oder auch mit jeder anderen Polizeidienststelle in Verbindung zu setzen.


Bild: Polizei München

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