23.03.2012, 16:20 Uhr
Die Polizei hat einen Mord in München nach 21 Jahren offenbar aufgeklärt. Ein 38 Jahre alter Mann wurde unter dem dringenden Verdacht festgenommen, im Jahr 1990 einen 50 Jahre alten Angestellten getötet zu haben. Die Staatsanwaltschaft München will Mordanklage erheben.
Der 50-Jährige war damals tot in seiner Wohnung gefunden worden, nachdem er vier Tage lang nicht zur Arbeit erschienen war. Kopf und als wiesen massive Verletzungen auf. Eine Flasche wurde neben der Leiche gefunden. Wie genau der Mann starb, dazu wollte sich die Polizei am Freitag nicht äußern. Der Leiter der Mordkommission, Markus Kraus, sprach von „massiver Gewalteinwirkung gegen Kopf und Hals“. Dabei seien auch Tücher im Einsatz gewesen. 1990 hatte die Polizei angegeben, der Mann sei erschlagen und erwürgt worden.
Die Geldbörse des Mannes und ein wertvoller silberner Schlüsselanhänger mit zwei gekreuzten Schwertern fehlten. Die Polizei ging von Anfang an von einem Gewaltverbrechen aus und ermittelte auch in einschlägigen Bars der Homosexuellen-Szene. Das verwitwete Opfer soll schwul gewesen sein.
Die Polizei hat nun wohl endlich den mutmaßlichen Täter gefunden, wie die Beamten am Freitag mitteilten. Ein damals 17-Jähriger, der sich seinen Lebensunterhalt nach Polizeiangaben offensichtlich als Stricher verdiente, soll den Mann getötet haben – aus Habgier und heimtückisch, davon geht die Staatsanwaltschaft aus. Weil sich auch
nach der Aussetzung einer Belohnung von 5000 D-Mark keine heiße Spur auftat, wurde der Fall zu den Akten gelegt. Im Jahr 2010 wurde er aber – wie zahlreiche andere ungeklärte Mordfälle in München – aufgrund neuer technischer Möglichkeiten wieder aufgerollt.
Auf die Spur des heute 38 Jahre alten Ungarn kamen die Beamten durch Zufall. Bei einer Verkehrskontrolle in Baden-Württemberg fiel er wegen des Besitzes eines nach dem Waffengesetz verbotenen Gegenstandes auf. Seine Daten wurden bei der Überprüfung alter, unaufgeklärter Mordfälle mit DNA-Spuren vom Tatort verglichen:
Treffer. Bereits im Juli 2011 wurde der Mann, der nach Polizeiangaben mit Frau und Kind in Ungarn lebt und in der Gastronomie tätig ist, festgenommen. Die Polizei machte die Festnahme erst jetzt öffentlich, um die Ermittlungen nicht zu gefährden.
Nach Angaben von Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch bestritt der Beschuldigte zunächst, das Opfer gekannt zu haben und jemals in dessen Wohnung gewesen zu sein. Im Laufe der Befragungen revidierte er diese Aussage etwas und gab an, er könne sich nicht erinnern. Weil der Ungar zum Tatzeitpunkt erst 17 Jahre alt war, wird im nach Jugendstrafrecht der Prozess gemacht. „Es ist jetzt egal, ob der Mann 38 Jahre alt ist. Er könnte auch 80 sein“, sagte Steinkraus-Koch. Die
Höchststrafe beträgt dann im Falle einer Verurteilung zehn Jahre. Der Prozess wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden.
Dieser Fall dürfte nicht der letzte der erst nach vielen Jahren aufgeklärten Mordfälle in München bleiben. Die Arbeitsgemeinschaft Altfälle bearbeitet nach Angaben von Markus Kraus 110 Fälle, die bis ins Jahr 1970 zurückreichen. 21 davon konnten dank neuer technischer Möglichkeiten geklärt werden, acht wurden als ungeklärt abgelegt. 81 Fälle sind noch offen.
dpa-infocom, ak