29.08.2013

Jurist: Ehefrauen-Gehälter müssen nicht zurückgezahlt werden

29.08.2013, 14:49 Uhr

47 amtierende und ehemalige Landtagsabgeordnete können vorerst aufatmen: Nach einem neuen Rechtsgutachten müssen sie die Gehälter nicht zurückzahlen, die sie ihren Verwandten für die Mitarbeit im Stimmkreisbüro zahlten. Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) erhielt im Streit mit dem Obersten Rechnungshof (ORH) über die Verwandtenaffäre am Donnerstag juristische Rückendeckung. Der Münchner Rechtswissenschaftler Martin Burgi kommt in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, dass die im Jahr 2000 per Übergangsregelung erlaubte Weiterbeschäftigung von Ehefrauen, Kindern und Gatten bis Mai 2013 legal war.

Damit kommt laut Burgi eine Rückforderung der an Ehefrauen, Kinder und Eltern gezahlten Gehälter nicht infrage. Der Oberste Rechnungshof (ORH) dagegen argumentiert, dass die Verwandtenbeschäftigung schon seit 2004 illegal gewesen sei – wegen einer Panne bei der damaligen Änderung des Abgeordnetengesetzes.

Dabei handelt sich um eine ziemlich komplizierte juristische Materie: Im Jahr 2000 hatte der Landtag neue Arbeitsverträge mit Eltern, Ehefrauen und Kindern verboten – aber die bestehenden Arbeitsverträge ausgenommen. In Paragraf 2 des Abgeordnetengesetzes wurde darauf verwiesen, dass das in Artikel 6, Absatz 7, Satz 2 erlassene Verbot der Verwandtenbeschäftigung nicht für diese Altfälle galt. 2004 wurde das Abgeordnetengesetz erneut geändert – und der Inhalt des alten Artikels 6 weitgehend in dem neuen Artikel 8 übernommen. Weil aber der Verweis nicht mehr stimmte, war laut ORH auch die Altfallregelung nicht mehr gültig.

Rechtswissenschaftler Burgi dagegen verweist in seinem Gutachten auf ein allgemeines Rechtsprinzip: Eine Gesetzesnorm ist solange gültig, «bis sie aufgehoben worden ist», sagte Burgi. Das war bei der Verwandtenbeschäftigung erst im Mai 2013 der Fall. Die Tatsache, dass der Verweis nicht mehr stimmte, ändere daran nichts, argumentierte der Professor. Er hielt dem ORH vor, sich mit seiner Auffassung auf juristisches Neuland begeben zu haben – was eigentlich nicht die Aufgabe einer Kontrollbehörde ist. «Der ORH hat sich hier auf ein Terrain begeben, das außerhalb dessen liegt, womit er sich üblicherweise beschäftigt.»

Landtagspräsidentin Barbara Stamm war naturgemäß erfreut: «Ich bin natürlich zufrieden, dass mit dem heutigen Tag die Unsicherheiten beendet sind.»

Die Grünen allerdings sehen die Unsicherheiten nicht geklärt – eben weil ORH und Landtagsamt nach wie vor unterschiedliche Rechtsauffassungen vertreten. Die Parlamentarische Geschäftsführerin Ulrike Gote sprach sich für eine gerichtliche Klärung aus. Das Landtagsamt sollte wie vom ORH gefordert Rückzahlungsansprüche an die betroffenen Abgeordneten stellen. Wenn die betroffenen Abgeordneten dagegen klagen, würde «eine endgültige juristische Klärung vor Gericht erfolgen». Der ORH will erst die Gesamtstellungnahme des Landtags zu seiner Kritik abwarten, bevor er sich zu dem Fall wieder äußert.

dpa-infocom / ie

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