«Die Eltern rennen uns die Bude ein», sagte die stellvertretende Vorsitzende des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte in Bayern, Brigitte Dietz, am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. «Die Situation in den Praxen ist in ganz Deutschland angespannt.» Viele Kinder hätten wie immer zu dieser Jahreszeit fieberhafte Atemwegsinfekte und oft auch die richtige Grippe. Dieses Jahr sei es mit der Influenza besonders schlimm.
Angst vor einer drohenden Coronavirus-Epidemie hat Dietz noch nicht bemerkt. «Die Leute scheinen relativ gut informiert zu sein.» Die Medizinerin hofft, dass so schnell keiner ihrer Patienten positiv auf das Coronavirus getestet wird. Das Hauptproblem: Die Warteschlange vor der Anmeldung, in der momentan wegen des Ansturms schon mal 10 oder 12 Patienten stehen können. In dieser Zeit könnten sich Umstehende bei einem Coronavirus-Patienten anstecken. Alle, die mit einem Kranken Kontakt hatten, müssten dann in Quarantäne. Dietz rät, bei einem Verdacht auf eine Coronavirus-Infektion nicht in eine Praxis zu kommen, sondern lieber erst anzurufen, etwa beim Gesundheitsamt.
Und noch ein weiteres Problem würde eine Coronavirus-Epidemie den Ärzten bescheren: Die Schutzkleidung für das medizinische Personal sei sehr, sehr teuer, erklärte Dietz. Allein in ihrer Praxis müsste sie sieben Leute damit einkleiden und diese Kleidung dann auch noch regelmäßig wechseln. Das sei ein enormer Kostenfaktor. Auch praktisch könnte es schwierig werden: «Wir können das gar nicht machen, das wir vermummt in der Praxis rumlaufen», erklärt Dietz. «Das wäre den normalen Patienten, die wir ja auch haben, nicht zumutbar.»
Für Italien-Reisende hat das Gesundheitsministerium ein neues Merkblatt veröffentlicht. Wer in einem der Risikogebiete war und innerhalb von 14 Tagen nach Rückkehr von dort Symptome wie Fieber, Muskelschmerzen, Husten, Schnupfen, Durchfall bekomme, solle alle nicht notwendigen Kontakte vermeiden und zu Hause bleiben, heißt es darin etwa. «Setzen Sie sich bitte umgehend telefonisch mit Ihrer Hausarztpraxis in Verbindung oder rufen Sie den kassenärztlichen Bereitschaftsdienst unter der Telefonnummer 116 117 an», heißt es weiter. Die Fachleute könnten das weitere Vorgehen besprechen.
Die Kinderärztin setzt auf verstärkte Hygiene. «Hände waschen mit Seife und desinfizieren – das ist ganz wichtig.» Hände schütteln gebe es sowieso schon lange nicht mehr. Ihr Rat: die Grippeimpfung. «Wenn das Kind gesund ist, würde es sogar noch Sinn machen.»
Der Höhepunkt der Grippewelle in Deutschland scheint allerdings überschritten zu sein. Wie die Arbeitsgemeinschaft Influenza am Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin berichtete, stieg die Zahl der nachweislich infizierten Menschen in der bisherigen Saison um knapp 18 000 in der vergangenen Woche auf rund 98 500. Die Zahl der Grippe-Toten lag bei 161, die meisten davon im Alter ab 60 Jahren.