Hildegard Hamm-Brücher 2011 in München in ihrer Wohnung. Foto: Peter Kneffel/Archiv
09.12.2016

Hildegard Hamm-Brücher ist tot

Das bestätigte ihr Sohn am Freitag der Deutschen Presse-Agentur in München.

Über Jahrzehnte prägte Hamm-Brücher die Politik der Liberalen, als Bundestagsabgeordnete und Staatsministerin im Auswärtigen Amt unter Außenminister Hans-Dietrich Genscher. «Mit ihr verliert Deutschland eine große liberale Persönlichkeit», sagte der bayerische FDP-Landeschef Albert Duin.

Hamm-Brücher wurde 1921 in Essen geboren, sie wuchs in Berlin auf. 1948 zog die promovierte Chemikerin für die FDP in den Münchner Stadtrat ein.

Die Krönung ihrer Laufbahn blieb ihr versagt: Hamm-Brücher kandidierte 1994 für das Amt des Bundespräsidenten. Doch im dritten Wahlgang opferte ihre Partei sie dem Koalitionskalkül – Staatsoberhaupt wurde Unionskandidat Roman Herzog.

Nach 50 Jahren in der FDP gab Hamm-Brücher 2002 ihr Parteibuch ab – wegen antiisraelischer Äußerungen des damaligen Parteivizes Jürgen Möllemann. 2015 verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand. Doch trotz zweier Oberschenkelhalsbrüche, Gedächtnislücken und Gleichgewichtsstörungen verfolgte sie die Entwicklungen in der Politik weiter.

Bundespräsident Joachim Gauck hat die langjährige FDP-Politikerin Hildegard Hamm-Brücher als Vorbild für jüngere Generationen gewürdigt. «Hildegard Hamm-Brücher besaß Anstand und Maß und war offenen Sinnes für andere und Andersdenkende», sagte er am Freitag laut Mitteilung in Berlin. «Mit ihrer aufrichtigen Liberalität bleibt sie auch für nachfolgende Generationen ein Vorbild.» Hamm-Brücher war am Mittwoch im Alter von 95 Jahren in München gestorben, wie ihre Familie am Freitag mitteilte. Sie habe stets «klug, selbstständig und fair» für ihre Überzeugungen gekämpft und «wie kaum eine andere für einen Liberalismus, der sich für Bürgerrechte, Zivilcourage und demokratische Kultur einsetzte» vertreten, sagte Gauck.

Zum Tode Hildegard Hamm-Brüchers, Ehrenbürgerin der Landeshauptstadt München, erklärt Gudrun Lux, Vorsitzende der Münchner Grünen: „Mit Hildegard Hamm-Brücher verliert München eine große Frau, eine Linksliberale, die klug und aufrichtig war. Ihr Einsatz für die Demokratie ist von unschätzbarem Wert. Sie war eine der letzten großen Zeuginnen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, als Enkelin einer Jüdin selbst stets gefährdet. In unseren Tagen zeigt sich sehr klar, wie wichtig ihr Kampf wider das Vergessen und ihr Engagement für eine bunte Gesellschaft nach wie vor sind. Wir Grüne werden ihn gemeinsam mit vielen anderen Gruppen und Einzelpersönlichkeiten auch in ihrem Namen weiterführen. Hildegard Hamm-Brücher ist mir als Politikerin ein persönliches Vorbild. Wir werden sie in ehrendem Andenken behalten und sind sehr traurig. Unser Mitgefühl gilt ihrer Familie und allen, die ihr nahestanden.“

Hermann ‚Beppo’ Brem, Vorsitzender der Münchner Grünen: „Ich bin dankbar dafür, dass ich in den Anfängen meines politischen Engagements mit Hildegard Hamm-Brücher als Persönlichkeit zusammenarbeiten durfte, die kämpferisch und aufrecht war, die die wehrhafte Demokratie gefordert und gelebt hat und die dabei stets Haltung und Anstand gewahrt hat. Es ist keine Überraschung, dass sie über Generationengrenzen hinweg ein Vorbild war – und bleibt.“

teilw. dpa-infocom

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