Rechnerisch ergibt das einen Mittelwert von 1312 Menschen am Tag – ein neuer Höchststand. Die Ankünfte variieren aber von Tag zu Tag. «Im Schnitt kommen derzeit 1000 bis 1500 Menschen pro Tag – Tendenz steigend», sagte die CSU-Politikerin.
Wegen der vielen Ankünfte in Bayern gibt es neuen Konfliktstoff zwischen Bayern und Bund wegen der Verteilung der Flüchtlinge auf die Bundesländer. Dazu nutzen die Behörden eine Software namens «Easy» – kurz für «Erstverteilung der Asylbegehrenden». Das System wird nachts von 20 bis 6 Uhr früh abgeschaltet. In dieser Zeit kommen viele Asylbewerber an, die dann erst am nächsten Morgen registriert werden können.
Das hat Verzögerungen bei der Weiterleitung in andere Bundesländer zur Folge. «Im Online-Zeitalter, in dem man praktisch rund um die Uhr im Internet einkaufen kann, darf die Abschaltung eines Datensystems nicht die faire Verteilung von Asylbewerbern lahmlegen», sagte Müller. Sie forderte den Bund auf, «das Verteilungssystem Easy an 7 Tagen in der Wochen, 24 Stunden am Tag zu betreiben».
Anfang September ist der nächste Flüchtlingsgipfel der Staatsregierung geplant. Sowohl Kommunen als auch Kirchen suchen händeringend nach neuen Unterkünften. Dennoch fehlen inzwischen vielerorts geeignete Gebäude. «Es existieren da und dort noch Kasernen, die geöffnet werden könnten», sagte Johann Keller, Geschäftsführer des Landkreistags. Als zweite Möglichkeit sieht der Landkreistag vor allem die Errichtung temporärer Holzbauten. «Wir müssen versuchen, schnell etwas in verträglicher Weise hinzubekommen», sagte Keller.
In vielen Landkreisen sind bereits Turnhallen belegt und Containersiedlungen gebaut worden. «Wir sind insbesondere in Oberbayern auf zusätzliche Unterkünfte angewiesen», sagte Keller. Holzbauten in Ständerbauweise könnten relativ schnell errichtet werden. Mit dem bisherigen Tempo bei der Umwandlung bestehender Gebäude ist die Unterbringung der vielen Neuankömmlinge nach Kellers Einschätzung «nicht zu schaffen».
Die Kirchen bieten Hilfe an. «Wir werden weitere Unterkünfte bereit stellen», kündigte Bernhard Kellner an, Sprecher des Erzbistums München und Freising. Bisher beherbergt die Diözese 953 Flüchtlinge, bestätigte Kellner. Diese Zahl hatte der «Münchner Merkur» gemeldet.
Das Bistum Passau hat mittlerweile seine Pfarreien angeschrieben, um zu klären, wo noch Kapazitäten vorhanden sind. «Wir wollen und werden noch mehr machen als bisher», sagte eine Bistumssprecherin.
Ein Sprecher der Diözese Regensburg betonte, dass das Bistum bereits Wohnraum und Gebäude anbietet – zuletzt im Priesterseminar und in einem Exerzitienhaus. «Diese Anstrengungen wird die Diözese weiter aufbringen.» Die evangelische Landeskirche hofft, bis Sommer 2016 insgesamt 100 Wohnungen für Flüchtlinge öffnen zu können, wie ein Sprecher sagte. Das wären dreimal so viele wie derzeit.
Eine Hürde wird aber sowohl in den Kirchen als auch in den Kommunen beklagt: die umfangreichen Verwaltungsvorschriften. So gelten insbesondere beim Brandschutz schärfere Vorschriften als für private Wohnhäuser.
Da in einer Flüchtlingsunterkunft in der Regel mehr Menschen untergebracht werden als in einem Einfamilienhaus, müsse man «die höheren Anforderungen von Versammlungsstätten berücksichtigen», wie Landkreistags-Geschäftsführer Keller formulierte. Das bedeutet unter anderem, dass neben dem Hauseingang zwingend ein zweiter Fluchtweg vorgeschrieben ist, über den sich die Bewohner im Falle eines Feuers retten können.
So gibt es mancherorts in Bayern leerstehende Gebäude, die nicht genutzt werden können. Entweder gebe es zu hohe Auflagen, etwa an den Brandschutz, oder die Gebäude seien zu weit abseits gelegen, sagte dazu die Sprecherin des Bistums Passau.