23.08.2012

Falsche Todesanzeige aufgegeben - Stalker nach einer Woche gefasst

23.08.2012, 15:00 Uhr

Am Mittwoch, sechs Tage nach Erscheinen der Traueranzeige in einer Zeitung, hat die Polizei den 43 Jahre alten mutmaßlichen Täter an seiner Arbeitsstelle festgenommen. Das gab die Münchner Polizei am Donnerstag bekannt. Der Mann soll das Mädchen seit Mai belästigt haben. Das Motiv des Mannes – ein ehemaliger Arbeitskollege der 17-Jährigen – war laut Polizei zunächst unklar. Für das Mädchen sind die Folgen dramatisch: Die Jugendliche habe durch das Stalking schwere gesundheitliche Probleme bekommen und sei in Behandlung.

Erste Untersuchungen im Umfeld des Mädchens im Frühsommer hätten noch keine Hinweise auf den jetzt Festgenommenen erbracht, sagte Kripo-Ermittler Marco Müller. Bereits damals sowie nach dem Erscheinen der Todesanzeige hatte die Familie jeweils Anzeige erstellt. Am Sonntag schließlich drohte der Mann, das Mädchen würde den nächsten Tag nicht überleben. Bei der Rückverfolgung der Daten gelang der entscheidende Treffer, berichtete Müller: «Der Stalker hatte einen Fehler gemacht und einmal seine Echtpersonalien angegeben.»

Die Folge waren ein Durchsuchungsbeschluss und ein Haftbefehl. Angaben zu den Vorwürfen machte der Mann laut Polizei zunächst nicht. Der Tatverdacht gegen den 43-Jährigen habe sich aber schnell erhärtet. Das Motiv ist – anders als in vielen ähnlichen Fällen – wohl nicht verschmähte Liebe. Unklar blieb auch, ob der Mann die Jugendliche zufällig als Opfer ausgewählt hatte. Der mutmaßliche Täter sei sehr trickreich vorgegangen und habe immer wieder falsche Spuren gelegt. «Uns war es wichtig, den Täter schnell zu fassen, damit das Mädchen wieder ruhig schlafen kann», sagte Müller. Das Leid der Familie sei erheblich.

Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch sagte, aufgrund der schweren gesundheitlichen Schäden bei dem Opfer sei ein Strafmaß von drei Monaten bis zu fünf Jahren für den Täter möglich. «Stalking in der Form habe ich noch nicht erlebt», betonte Steinkraus-Koch. Die Ermittlungen gestalteten sich bei Stalking generell schwierig, weil Provider Daten nicht mehr über einen bestimmten Zeitraum speichern müssen, betonte Müller. In diesem Fall konnte zeitnah ermittelt werden, so dass noch Daten vorhanden waren. Die Daten aus dem Mai und dem Juni seien jedoch schon nicht mehr abrufbar.

Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) sprach sich nach der Klärung des Falls dafür aus, eine Lücke im Stalking-Paragrafen zu schließen. Denn der Straftatbestand sei nur dann erfüllt, wenn das Nachstellen zu einer Beeinträchtigung der Lebensführung des Opfers führe. «Das hat zur Konsequenz, dass Opfer, die sich nach außen hin stark zeigen und ihr Leben nicht umstellen, durch unser Strafrecht häufig ungeschützt sind.» Der Münchner Fall habe gezeigt, «wie weit Stalking gehen und welche Belastungen es für das Opfer bedeuten kann».

dpa-infocom / ak

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