Anlässlich der heutigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes in Leipzig zur Aufnahme von Fahrverboten in die Luftreinhaltepläne von Stuttgart und Düsseldorf fordert der BUND Naturschutz (BN) in München, dass der Druck zur Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte für Stickstoffdioxid aus Bayern erhöht und endlich effektive Maßnahmen für saubere Autos und nachhaltige Mobilität ergriffen werden müssen.
„In der heutigen Verhandlung des Bundesverwaltungsgerichts ging es um viel mehr als um Fahrverbote in Stuttgart oder Düsseldorf wegen Überschreitung der Stickstoffdioxid-Grenzwerte. Die heutige Entscheidung ist richtungsweisend und zeigt: Die Politiker müssen die Gesundheit von uns Bürgerinnen und Bürgern schützen. Wir brauchen für München Lösungen, die bereits kurzfristig wirken und zielgerichtet sowie flächendeckend sind“ so Christian Hierneis, Vorsitzender des BN in München.
In München bieten sich dabei zwei Lösungswege an: Kurzfristig wirksam wäre die massive Förderung des Radverkehrs und der Radverleihsysteme.
Denn jede Zunahme des Radverkehrs kann die angespannte Situation im ÖPNV und im Autoverkehr entlasten. Auf einer Fachtagung des BN zum Radverkehr wurde deutlich, was vom Radverkehr erwartet werden darf: so beträgt der Anteil des Fahrrads am Modal Split im Berufsverkehr in Kopenhagen heute über 60%. Gegenüber diesen Zahlen liegt München weit zurück.
„Die bisherigen Maßnahmen nutzen das Potential des Radverkehrs bei weitem nicht aus. Mit einer klaren politischen Zielansage könnte der Radverkehr in München bereits mittelfristig zur zweitwichtigsten Mobilitätssäule nach dem ÖPNV werden“ erläutert Martin Hänsel, stellvertretender Geschäftsführer des BN in München.
Für den zweiten Lösungsansatz braucht München aber dringend die Weiterentwicklung eines bereits etablierten Instrumentes: Eine bundeseinheitliche Kennzeichnung, jetzt durch eine Blaue Plakette zur Fortschreibung der Umweltzonen.
„Wir erwarten von Oberbürgermeister Dieter Reiter und Ministerpräsident Horst Seehofer, dass sie in Berlin in Sachen Blaue Plakette Druck machen. Gleichzeitig müssen die Autos auf Herstellerkosten wirksam mit Hardware nachgerüstet werden“ so Hänsel weiter.
Dass nun von den Kommunen Fahrverbote als eines der letztes Mittel ergriffen werden müssten, liegt nicht zuletzt daran, dass gesetzliche Vorgaben für die Abgaswerte bis heute nicht oder nur unzureichend kontrolliert und Verstöße der Hersteller nicht geahndet werden. Wenn AutofahrerInnen mit ihrem Diesel zukünftig nicht mehr in bestimmte Bereiche der Stadt fahren dürfen, ist das die direkte Folge einer Politik, welche die Automobilkonzerne über viele Jahre selbst entscheiden ließ, ob und wie sie gesetzliche Vorgaben einhalten.
Gleichzeitig ist die heutige Entscheidung aber auch eine Folge der autofixierten Stadtplanung der letzten Jahrzehnte und muss als Startschuss für ein Umdenken verstanden werden.
„Mit dem Beschluss für eine saubere Luft in München bis 2025 hat der Münchner Stadtrat sich bereits ein Ziel gesetzt. Hierfür braucht es aber auch Maßnahmen. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, Mobilität in München mutig neu zu denken. Der BUND Naturschutz wird die Stadt hierbei gerne unterstützen“, so Hänsel abschließend.
Landeshauptstadt München und Freistaat Bayern müssen endlich an einem Strang ziehen und darauf drängen, dass die Bundesregierung sie jetzt dabei unterstützt, Alternativen zum Auto auf- und auszubauen.
Die Stiftung Warentest hat in einem ausführlichen FAQ zusammengestellt, was das Diesel-Fahrverbot für die Städte und deren Bewohner bedeutet: Fahrverbote in Innenstädten – Diesel müssen draußen bleiben
Green City München e.V. bezeichnet die Entscheidung als „Sieg für die Gesundheit – schallende Ohrfeige für die Verkehrspolitik“
Bekommt München nun endlich saubere Luft? Mit einem Grundsatzurteil ebnete das Bundesverwaltungsgericht am heutigen Dienstag, 27. Februar 2018, den Weg für Diesel-Fahrverbote in bis zu 70 deutschen Städten und Kommunen. Ein lokales „Bündnis für saubere Luft“ drängt nun auf schnelle Umsetzung in München. Gleichzeitig fordert es eine Verkehrswende und klare Rahmenbedingungen wie die „Blaue Plakette“ und Hardwareumrüstung bestehender Diesel-Fahrzeuge.
Das Bundesverwaltungsgericht hat am heutigen Dienstag, 27. Februar 2018, entschieden, dass Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge rechtlich zulässig und in die Luftreinhaltepläne besonders belasteter Städte aufzunehmen sind. Sylvia Hladky, Sprecherin des „Bündnisses für saubere Luft in München“ sagt dazu: „Das ‚Ja‘ zu Fahrverboten ist ein Sieg für die Gesundheit der Bürger*innen. Nun hat auch die höchste gesetzliche Instanz bestätigt, dass Luftverschmutzung kein Kavaliersdelikt ist und alle Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der von der EU vorgegebenen Grenzwerte genutzt werden müssen. Wenn Politik und Autoindustrie weiterhin glauben, mit Scheinmaßnahmen und Aussitzen geltendes Recht ignorieren zu können, haben sie sich heute eine schallende Ohrfeige abgeholt.“
Die bisherigen Maßnahmen zur Luftreinhaltung haben in München und anderswo kaum Effekte gezeigt. Beppo Brem, ebenfalls Bündnissprecher, erklärt, warum Fahrverbote deshalb und nicht erst seit des heutigen Urteils unerlässlich sind: „Die Bundesregierung hat es komplett versäumt, wirksame Luftreinhalte-Maßnahmen zu erlassen oder auch nur ernsthaft zu prüfen. Wir brauchen umgehend die Einführung der sogenannten ‚Blauen Plakette‘.“ Dass solch ein Verbotssystem wirkt, hat die Einführung der Umweltzonen vor zehn Jahren gezeigt – seither ging die Feinstaub-Belastung, auch in München, zurück. „Besonders alte und dreckige Fahrzeuge wurden in Etappen aus dem Verkehr gezogen. Wieso man seit der Einführung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid 2010 dieses Wissen scheinbar völlig vergessen hat und acht Jahre später immer noch keinen Schritt weiter ist, ist nicht nur unverständlich, sondern grob fahrlässig gegenüber der Bevölkerung“, so Brem weiter.
Das „Münchner Bündnis für saubere Luft“ verlangt: Die Politik müsse nun vor allem der Automobilindustrie klare Rahmenbedingungen setzen. Wie durch die „Diesel-Gate“-Affäre bekannt wurde, bringt diese mit flächendeckenden Betrügereien und Tricksereien nach wie vor Kraftfahrzeuge auf die Straße, die geltende Grenzwerte um ein Vielfaches überschreiten. Andreas Schuster, ebenfalls Bündnissprecher sagt: „Das Bundesverwaltungsgericht hat dem Kniefall der Bundesregierung vor den Automobilkonzernen die rote Karte gezeigt. Damit wird das jahrelange Foulspiel gegenüber der Bürger*innen beendet. Der Bund muss nun echte Hardwarenachrüstungen auf Kosten der Verursacher, also der Hersteller, erlassen.“ Dass eine Mehrheit der Deutschen hinter dieser Aussage steht, verdeutlicht eine kürzlich veröffentlichte repräsentative Umfrage von YouGov. Hierbei vertreten 70 Prozent der Befragten die Meinung, dass die Autoindustrie nicht genug für die Umwelt tue.
Das „Münchner Bündnis für saubere Luft“ hatte sich in der Vergangenheit immer für Alternativen zu Fahrverboten ausgesprochen. Es forderte eine Verkehrswende in München mit Priorisierung und massivem Ausbau des Fuß- und Radverkehrs, des öffentlichen Nahverkehrs sowie Sharing- und multimodale Verkehrskonzepte. Andreas Schuster ergänzt deshalb: „Die Bundesregierung und die Kommunen haben rechtzeitige, weniger einschneidende Luftreinhalte-Maßnahmen verschlafen beziehungsweise bewusst durch eine autofreundliche Politik torpediert. Die Bevölkerung hat es diesem jahrelangen Zögern und Zaudern der politischen Entscheidungsträger*innen zu verdanken, dass mit den jetzt kommenden Fahrverboten große Herausforderungen insbesondere für den Wirtschaftsverkehr einhergehen.“
Für München fordert das Bündnis weiterhin die sofortige Umsetzung seines „Reinheitsgebots für Münchner Luft“, das zehn konkrete Luftreinhalte-Maßnahmen – jedoch keine Fahrverbote – vorschlägt. Es pocht zudem auf den durch den Druck eines Bürgerbegehrens erreichten Beschluss des Münchner Stadtrats vom 25. Januar 2017 für eine Verkehrswende bis 2025. Bis dahin müssen laut Beschluss mindestens 80 Prozent aller Wege in München emissionsfrei zurückgelegt werden. Heute, rund ein Jahr später, muss das Bündnis jedoch ein schlechtes Zeugnis ausstellen. Die Regierungskooperation der SPD und CSU habe das Vertrauen der Bürger*innen auf das Tiefste enttäuscht. Groß daherreden könne jeder, keine Taten folgen zu lassen sei symptomatisch für die Vermeidungs- und Verzögerungspolitik im Verkehrssektor.
Wer sich künftig selbst für Luftreinhaltung engagieren möchte, ist am Mittwoch, 14. März 2018, zum „Stammtisch Mobilität und Verkehrswende“ des Bündnispartners Green City e.V. eingeladen. Mehr Informationen gibt es unter www.luft-reinheitsgebot.de.