06.03.2019

Europapolitik im Zentrum des politischen Aschermittwochs

Die Fernduelle an verschiedenen Orten in Niederbayern standen heuer besonders im Zeichen der anstehenden Europawahl. Aber auch bundespolitische Fragen spielten eine gewichtige Rolle.

So rief der CSU-Vorsitzende Markus Söder gemäßigte Mitglieder der AfD zum Austritt aus ihrer Partei auf. «Kehrt zurück und lasst die Nazis alleine in der AfD.» Die AfD sei keine Partei der vereinsamten Konservativen, rief der bayerische Ministerpräsident in die Dreiländerhalle in Passau. Insbesondere der Flügel um den Thüringer Rechtsaußen Björn Höcke sei klar auf dem Weg ins Rechtsextreme.

Söder watscht die Grünen ab

Auch die Grünen watschte Söder – der unrasiert und ohne Krawatte auftrat – ab und schloss Schwarz-Grün wegen Differenzen in der Flüchtlingspolitik auf absehbare Zeit aus. Die SPD warnte Söder, mit unrealistischen Reformplänen die Zukunft der Bundesregierung zu gefährden. Er wiederholte seine Ablehnung für die Reformpläne der SPD zur Grundsteuer und zur Grundrente. Zudem unterstrich er seine Forderung nach einem vollständigen Abbau des Solidaritätszuschlags.

Mit ruhigeren Tönen trat zuvor CSU-Vize Manfred Weber auf. Seinetwegen waren rund 40 internationale Medien nach Passau gereist; erstmals in der Geschichte der CSU-Traditionsveranstaltung wurden die Reden simultan ins Englische übersetzt. Der Grund: Weber ist der gemeinsame Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei (EVP) bei der Europawahl in knapp drei Monaten.

Gegenwind für Donald Trump

Der sachorientierte Politiker spannte in seiner Rede den großen Bogen, von den Ursprüngen der EU bis zu aktuellen Entwicklungen. US-Präsident Donald Trump drohte er mit spürbarem Gegenwind für den Fall, dass dieser tatsächlich Strafzölle auf deutsche Fahrzeuge einführe. «Wir lassen uns als Europäer nicht erpressen.»

Interessant war, was Weber nicht ansprach: Den aktuellen, brisanten Konflikt innerhalb der EVP. Am 20. März könnte der Vorstand der Europäischen Volkspartei nämlich die ungarische Regierungspartei Fidesz ausschließen, nachdem es Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban mit seiner aktuellen Anti-Brüssel-Kampagne offenbar endgültig übertrieben hat.

Die SPD-Spitzenpolitikerin und Bundesjustizministerin Katarina Barley hingegen warf der CSU Versagen im Umgang mit Fidesz vor. «Wer Viktor Orban so lange so hofiert hat, wie das die CSU getan hat, ihn immer wieder auf ihre Parteitage eingeladen hat, so jemand will kein funktionierendes Europa, das auf einem solidarischen Geben und Nehmen beruht», sagte die SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl in Vilshofen.

Attacken und Rundumschläge

Die Grünen nutzten den Aschermittwoch ebenfalls zu Attacken und warfen der CSU Scheinheiligkeit in der Klima- und Umweltpolitik vor. So sagte die Chefin der bayerischen Landtags-Grünen, Katharina Schulze, mit Blick auf Söder: «Ich warte ja nur darauf, dass er irgendwann pressewirksam in Latzhose, Jesuslatschen und mit Jutebeutel in die Staatskanzlei marschiert.»

Die AfD holte zum verbalen Rundumschlag gegen alle anderen Parteien, Medien, Kirchen, den Verfassungsschutz, die Europäische Union und demonstrierende Schüler aus. So nannte der niederbayerische AfD-Bezirkschef Stephan Protschka die Europäische Union schlicht obsolet. «Die EU ist ein Konstrukt, das keiner braucht.»

Am Abend tritt noch CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer – wie in den Vorjahren Kanzlerin Angela Merkel – im mecklenburgischen Demmin auf.

Der politische Aschermittwoch feiert in diesem Jahr seinen 100. Jahrestag: 1919 hatte der bayerische Bauernbund anlässlich des Viehmarkts im niederbayerischen Vilshofen erstmals zu einer Kundgebung geladen – das Politspektakel war geboren. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der politische Aschermittwoch von der Bayernpartei wiederbelebt, bevor die CSU und auch alle anderen Parteien folgten.


dpa-infocom

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