05.05.2014

Ein Jahr NSU-Prozess

06.05.2014, 00:00 Uhr

Seit dem 6. Mai 2013 wird in München über die Taten der Terrorzelle «Nationalsozialistischer Untergrund» (NSU) verhandelt. Die Gruppe soll aus rassistischen Motiven neun Menschen mit ausländischen Wurzeln getötet haben. Auch der Mord an einer Polizistin in Heilbronn wird dem NSU zugerechnet.

Zschäpe sitzt als mutmaßlich einzige Überlebende des NSU auf der Anklagebank. Der Gruppe gehörten laut Anklageschrift auch Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt an. 2011 begingen die beiden Männer Selbstmord. Eine der Hauptaufgaben des Prozesses ist es herauszufinden, ob Zschäpe nur eine Mitläuferin war oder selbst Strippenzieherin innerhalb der Gruppe.

Bisher hat sich die Angeklagte nie selbst zu den Vorwürfen geäußert, sie bleibt an allen Verhandlungstagen stumm. Sicher mit ein Grund, warum sich der Prozess in die Länge zu ziehen scheint. Das Gericht kann nicht mit Angaben der Angeklagten arbeiten und muss jedes Detail in mühevoller Kleinarbeit ähnlich einem Puzzle zusammensetzen. 

Wie die Rolle der Beate Zschäpe zu bewerten ist, kann nur anhand von Indizien und Zeugenaussagen bewertet werden – diese scheinen in die Richtung zu weisen, dass Zschäpe weit mehr als nur eine Mitläuferrolle im NSU inne hatte. Ganz im Gegenteil: Durch die „Finanzverwalterrolle“ könnte sie maßgeblich zur Planung der Morde beigetragen haben. Sicher nachweisbar ist ihr bisher aber nur das Inbrandstecken der letzten Wohnung des NSU-Trios und damit die Gefährdung der dort anwesenden Personen. Ob sie diese allerdings billigend in Kauf genommen hat oder es noch eine Warnung an die greise Nachbarin gegeben hat – Beate Zschäpe schweigt weiter.

Annähernd jeder Zweite allerdings sieht in der mutmaßlichen Rechtsterroristin Beate Zschäpe eine der Schlüsselfiguren hinter den NSU-Morden. 65 Prozent der Bundesbürger verfolgen den Prozess gegen Zschäpe nach eigenen Angaben allerdings eher weniger oder gar nicht in den Medien. Das zeigt eine repräsentative Online-Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur, die am Montag veröffentlicht wurde.

Demnach halten 48 Prozent Zschäpe für eine Haupttäterin. 28 Prozent meinen, sie sei eher eine Randfigur, der Rest war unentschlossen. Fast zwei Drittel (64 Prozent) rechnen damit, dass Zschäpe wegen Mordes verurteilt wird. Nur 17 Prozent erwarten das nicht.

Allerdings nimmt nicht einmal ein Drittel (31 Prozent) der Befragten die Verhandlung stark oder sehr stark über die Medien wahr. Fast die Hälfte (47 Prozent) hat den Eindruck, die Medien würden dem komplexen Thema in ihrer Berichterstattung nicht gerecht. 29 Prozent finden, dass schon.

Das Urteil wird erst im kommenden Jahr erwartet.

dpa-infocom / uk

Zur Übersicht

Auch interessant