Es kommt öfter vor als man denkt: Der Vermieter braucht die Wohnung, in der man sich über Jahre gut eingerichtet hat, plötzlich für eigenen Zwecke. Der Mieterverein München berichtet, dass sich die Beratungen zum Thema „Kündigung wegen Eigenbedarfs“ in den letzten Jahren sogar verdoppelt haben, 2015 gab es im Bereich der Stadt München ca. 1.400 Anfragen beim Mieterverein.
Liegt Eigenbedarf vor, muss der Mieter nach Ablauf der Kündigungsfrist ausziehen. Nur wenn der Auszug für den Mieter, seine Familie oder andere Mitglieder des Haushalts eine besondere Härte darstellt, dürfen er der Kündigung widersprechen. Chancen zu bleiben haben vor allem alte oder kranke Mieter, die schon lange in der Wohnung leben.
Laut Bürgerlichem Gesetzbuch dürfen Mietverträge normalerweise nicht gekündigt wer- den, solange der Mieter seine Pflichten erfüllt und insbesondere seine Miete pünktlich bezahlt. Eine Ausnahme: Wenn der Vermieter Eigenbedarf anmeldet.
Eigenbedarf liegt vor, wenn der Vermieter die (ganze) Mietwohnung für sich selbst oder für eine zu seinem Hausstand gehörende Person, zum Beispiel eine Pflegekraft, oder für einen Familienangehörigen zu Wohnzwecken benötigt. Familienangehörige, zu deren Gunsten der Vermieter wegen Eigenbedarfs kündigen kann, sind zum Beispiel Eltern oder Kinder des Vermieters, Enkel oder Geschwister. Seit einem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 27. Januar 2010 gehören nun auch Nichten und Neffen zum Kreis der Personen, für die Eigenbedarf angemeldet werden darf.
Der Vermieter muss die Wohnung benötigen. Der bloße Wunsch, in den eigenen vier Wänden zu wohnen, reicht nicht aus. Eigenbedarf liegt erst dann vor, wenn der Vermieter vernünftige und nachvollziehbare Gründe nennen kann, warum er oder eine begünstigte Person die Wohnung beziehen will. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der Vermieter selbst in der gekündigten Wohnung seinen Altersruhesitz begründen oder wenn der Vermieter seinem Kind die gekündigte Wohnung zur Verfügung stellen will, weil sonst die Gefahr besteht, dass sich das Kind vom Elternhaus löst.
§ 573c BGB: Nach bis zu fünf Jahren Wohndauer im Eigentum des Vermieters haben Mieter ab Ende des Monats der Kündigung drei Monate Zeit bis zum Auszug. Nach bis zu acht Jahren sind es sechs Monate und nach mehr als acht Jahren neun Monate.
Wenn der Eigenbedarf noch während der Kündigungsfrist entfällt, muss der Vermieter den Mieter informieren und ihm die Möglichkeit geben, den Mietvertrag doch fortzusetzen.
Sonderfall: Wird die Wohnung, in der Sie als Mieter leben, erst später zu einer Eigentumswohnung, kann der Vermieter drei Jahre lang nicht wegen Eigenbedarf kündigen in Städten mit Wohnungsmangel kann diese Sperre sogar zehn Jahre betragen.
Wenn das Ende des Mietverhältnisses für den Mieter, seine Familie oder sonst einen Angehörigen des Haushalts eine Härte bedeuten würde, die schwerer wiegt als die berechtigten Interessen des Vermieters, kann die eigentlich zulässige Eigenbedarfskündigung ausgeschlossen sein: Der Mieter kann dann der Kündigung widersprechen und eine Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen – anerkannt ist dies zum Beispiel bei der Kündigung von alten Menschen, die schon sehr lange in einer Wohnung leben. Auch bei schwerer Erkrankung eines Mieters zeigen sich die Gerichte hier mieterfreundlich.
Verhandeln Sie besser nicht selbst mit dem Vermieter, wenn er Ihnen die Kündigung schickt und Sie denken, dass Sie etwa wegen Alter oder Krankheit nicht ausziehen müssen. Lassen Sie sich schnellstmöglich vom Mieterverein oder einem auf Mietrecht spezialisierten Anwalt beraten.
Einen Widerspruch müssen Sie schriftlich spätestens zwei Monate vor Ende der Kündigungsfrist erklären. Bleibt der Vermieter bei der Kündigung, muss er gegen Sie Räumungsklage erheben. Das Gericht wägt dann seine und Ihre Interessen ab.
Wenn Sie wegen der Eigenbedarfskündigung ausziehen und später feststellen, dass der Vermieter die Wohnung gar nicht wie angekündigt nutzt, könnte er den Eigenbedarf vorgetäuscht haben. Lassen Sie sich von einem Mietrechtsanwalt oder dem Mieterverein rechtlich beraten: Möglicherweise haben Sie ein Anrecht auf Schadenersatz!
Das Gesetz ist klar: Wenn Sie, Ihre Familie oder nahe Verwandte Ihre Wohnung brauchen, dürfen Sie den Mietern kündigen. Die Gründe müssen nachvollziehbar dargelegt werden.
Auch eine Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen ist möglich, allerdings mit strengen Auflagen: Es reicht nicht aus, dass ein Haus oder eine Wohnung beim Verkauf mehr Geld bringen, wenn kein Mieter mehr darin wohnt. Nur wenn Sie als Vermieter in ernsthaften finanziellen Schwierigkeiten sind, ist eine sogenannte „Verwertungskündigung“ erlaubt. Dann darf der Vermieter seinen Mietern kündigen, wenn er dadurch beim Verkauf der Immobilie einen viel höheren Preis erzielen kann.
Nehmen Sie sich Zeit! Leben Ihre Mieter seit bis zu fünf Jahren in der Wohnung, haben sie drei Monate Zeit zum Ausziehen. Bei bis zu acht Jahren verlängert sich die Frist auf sechs, nach noch längerer Miete auf neun Monate. Beim oben genannten Fall, dass Sie das Eigentum an der Wohnung erst nach dem Einzug der Mieter erlangt haben, kann die drei- bzw. zehnjährige Sperrfrist gelten.
Fällt der Eigenbedarf vor Ablauf der Kündigungsfrist wieder weg – zum Beispiel weil Sie doch in eine andere Wohnung ziehen – müssen Sie Ihren Mieter informieren und ihm anbieten, in der Wohnung zu bleiben. Sie müssen sonst Schadenersatz zahlen!