Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat ein Urteil zur Verschärfung des Dieselfahrverbots in München am Donnerstag um eine Woche vertagt – obwohl sich der Senat nach vielen kritischen Fragen an die Landeshauptstadt bereits entscheidungsbereit zeigte. Er wollte aber noch die endgültige Fassung eines neuen Beschlussentwurfs für den Münchner Stadtrat berücksichtigen, um diesem möglichst konkrete «Leitplanken» mitgeben zu können. Der Stadtrat will sich am 24. April erneut mit der Umweltzone und den Maßnahmen gegen Luftverschmutzung beschäftigen.
Denn die Luft ist auch im vergangenen Jahr nicht überall in München sauber genug gewesen. Dennoch setzt die Kommune eine stufenweise Verschärfung des vereinbarten Fahrverbots für Diesel-Fahrzeuge nicht um. Dagegen hatten nun die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und der Verkehrsclub Deutschland (VCD) geklagt.
Zum Hintergrund: Seit Februar 2023 dürfen Diesel-Fahrzeuge mit der Norm Euro 4 und schlechter bis auf einige Ausnahmen etwa für Anwohner und Lieferverkehr nicht mehr auf dem und innerhalb des Mittleren Rings der Landeshauptstadt fahren. Eigentlich hätte das Dieselfahrverbot ab Oktober auch auf Diesel-Fahrzeuge der Abgasnorm Euro 5 ausgeweitet werden sollen. Ab April 2024 sollten als letzter Schritt zusätzlich noch die allgemeinen Ausnahmen entfallen.
Doch im September hatte der Stadtrat die Stufe 2 vorerst bis Mai ausgesetzt und Stufe 3 ganz aufgehoben. Als Begründung wurde damals angeführt, die erste Stufe des Verbots werde laut Prognose ausreichen, um den Grenzwert für das giftige Abgas Stickstoffdioxid (NO2) von 40 Mikrogramm je Kubikmeter Luft im Jahresmittel einzuhalten.
Das Gericht stellte nach Erörterung formaler juristischer Aspekte zur laut Senat «ungewöhnlichen» Klageart und deren potenziellen Folgen allerdings viele kritische Fragen zu den Berechnungsgrundlagen dieses Gutachtens. «Diese Prognose funktioniert hinten und vorne nicht», bilanzierte einer der Richter, nachdem die Erläuterungen der Vertreter der Stadt zu den prognostizierten Verkehrszahlen, der angenommenen Zusammensetzung der Verkehrsflotte oder den Effekten einer Busspur offensichtlich nicht überzeugen konnten.
In der Debatte steht die Messstelle an der Landshuter Allee am Mittleren Ring besonders im Fokus. Auch 2023 wurde dort mit 47 Mikrogramm NO2 der seit 2010 bestehende Grenzwert erneut gerissen. Stickstoffdioxid ist eine Vorläufersubstanz für die Bildung von Feinstaub und von bodennahem Ozon und kann zu Reizungen von Schleimhäuten, Entzündungen und Erkrankungen der Atemwege sowie eine Verminderung der Lungenfunktion führen. Es gelangt hauptsächlich durch den Fahrzeugverkehr sowie Industrie, Gewerbebetriebe und Landwirtschaft in die Luft und kann auch das Herz-Kreislauf-System beeinträchtigen oder bestehende Erkrankungen verschlimmern.
Quelle: dpa