Das höchste deutsche Gericht in Verwaltungsstreitsachen wies am Mittwoch die Nichtzulassungsbeschwerde des Bundes Naturschutz in Bayern (BN) und mehrerer Privatkläger ab. Dies bestätigte Christine Margraf vom BN der Deutschen Presse-Agentur.
Damit hat das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (VGH) vom Februar 2014 Bestand. Der VGH hatte damals grünes Licht für den Bau der milliardenteuren Piste gegeben und keine Revision zugelassen.
Der BN erwägt allerdings, die Planung vor dem Europäischen Gerichtshof überprüfen zu lassen. Die Privatkläger rufen womöglich das Bundesverfassungsgericht an. Ohnedies liegt das Projekt politisch auf Eis, da sich die Stadt München als einer der drei Flughafengesellschafter an einen ablehnenden Bürgerentscheid vom Juni 2012 zum Bau der Startbahn gebunden fühlt.
Die Flughafen München GmbH in ihrem Statement zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes:
Die Flughafen München GmbH (FMG) begrüßt die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes in Leipzig, mit der die noch anhängigen sechs Beschwerden des Bund Naturschutz Bayern e.V. sowie von fünf Privatklägern gegen die Nichtzulassung der Revision im Verwaltungsstreitverfahren um die dritte Start- und Landebahn am Münchner Flughafen zurückgewiesen wurden. Bereits in seiner Entscheidung vom 17. Februar 2015 hatte das Gericht die Beschwerden des Landkreises und der Stadt Freising sowie der Gemeinden Berglern, Eitting, Oberding und Fahrenzhausen abgewiesen. Mit der jetzigen Entscheidung des Gerichtes sind sämtliche zwölf Nichtzulassungsbeschwerden zurückgewiesen.
„Mit den heutigen Entscheidungen haben wir nun die Bestandskraft unserer Ausbaugenehmigung und damit Rechtssicherheit für dieses so wichtige Ausbauvorhaben erreicht“, erklärte der Vorsitzende der FMG-Geschäftsführung, Dr. Michael Kerkloh. „Zehn Jahre nach dem Projektstart hat das höchste deutsche Verwaltungsgericht damit abschließend entschieden, dass unsere Planungen allen fachlichen und gesetzlichen Anforderungen standhalten.“
Durch die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes werden die Luftverkehrsprognose und der Ausbaubedarf für den Flughafen München bestätigt. Anders als seitens der Kläger behauptet, verstoßen die Planungen nach Überzeugung des Gerichtes auch nicht gegen europäische Naturschutzrichtlinien.
Das der Planung zugrunde gelegte Lärmschutzkonzept wurde ebenso als rechtmäßig anerkannt wie die Bewertung der Luftschadstoffimmissionen und die festgesetzten Entschädigungsregelungen für betroffene Anwohner.
Für Flughafenchef Kerkloh ist mit dem Abschluss des Gerichtverfahrens ein entscheidender Meilenstein auf dem Weg zur dritten Start- und Landebahn erreicht: „Nun liegt die endgültige Entscheidung über die Realisierung der dringend benötigten Kapazitätserweiterung bei unseren drei Gesellschaftern. Ich bin zuversichtlich, dass sie diese Chance zur bedarfsgerechten Weiterentwicklung des Airports nutzen und unseren Flughafen als wichtigen Standortfaktor sowie als Wirtschafts- und Beschäftigungsmotor für ganz Bayern langfristig absichern werden. Es geht bei diesem Projekt um eine entscheidende Weichenstellung für die Zukunft unseres Landes. Wir können mit dieser Ausbaumaßnahme dafür sorgen, dass die bayerische Bevölkerung und die heimischen Unternehmen auch in den kommenden Jahren und Jahrzehnten von einer optimalen Anbindung an alle Regionen der Welt profitieren.“
Der Bund Naturschutz BN zu dem Urteil:
„Wir können diese Entscheidung nicht nachvollziehen.“ äußert sich Prof. Dr. Hubert Weiger, Landesvorsitzender des BUND Naturschutz in Bayern e.V. (BN) in einer ersten Reaktion. „Es ist für uns völlig unverständlich, dass auch das Bundesverwaltungsgerichtoffensichtlich keine intensivere Prüfung des Bedarfs für die 3. Bahn für nötig hält und die immensen Eingriffe in europäische Schutzgebiete und Grundeigentum für rechtlich korrekt hält.“ so Weiger. Nichtsdestotrotz betont der BN, dass auch das Bundesverwaltungsgericht den Bedarf als solches nicht geprüft hat, sondern nur, ob die – nach Ansicht des BN unzureichende – Prüfung des Bedarfes durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof rechtlich korrekt war. „Klar ist auch: Nicht alles, was rechtlich korrekt sein mag, ist sinnvoll und nötig.“. Richard Mergner, der Landesbeauftragte des BN fordert nun: „Wir fordern daher zum einen, dass das Münchner Votum gegen die 3. Bahn von 2013 auch von der CSU respektiert und beachtet wird. Um die Diskussion aber ein für alle mal zu beenden, brauchen wir aber auch eine endgültige politische Entscheidung, in der die CSU klar bekennen muss, was ihr wichtiger ist: Bürgernähe, Klimaschutz, verantwortlicher Umgang mit knappen Ressourcen und Erhalt der Heimat oder die Interessen der Lufthansa.“
„Denn weder Bayern noch München braucht die 3. Startbahn, nur die Lufthansa würde davon profitieren. Die Realität am Flughafen München bestätigt seit nunmehr 7 Jahren die Argumente der Startbahngegner.“ ergänzt Dr. Christine Margraf, Leiterin der Fachabteilung des BN. „Wir appellieren daher an den Münchner Stadtrat, am Bürgervotum gegen die 3. Bahn festzuhalten.“
Parallel zur nun nötigen politischen Diskussion wird der BUND Naturschutz in Bayern e.V. (BN) in den nächsten Tagen die Begründung des Urteils auswerten und über weitere Schritte entscheiden. In jedem Fall wird der BN eine Beschwerde an die Europäische Kommission wegen Missachtung des europäischen Naturschutzes vorbereiten. „Wir werden nicht hinnehmen, dass 1000 ha eines europäischen Vogelschutzgebietes verloren gehen und sich der Freistaat Bayern hier aus seiner Verantwortung stiehlt.“ erläutert Dr. Christine Margraf, Leiterin der Fachabteilung BN München.
Das Bündnis AufgeMUCkt – Keine 3. Startbahn äußert sich ebenfalls:
Leider hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig jetzt, wie erwartet, alle Klagen gegen die Nichtzulassung einer Revision pauschal abgewiesen.
Damit hat die letzte deutsche verwaltungsgerichtliche Instanz entschieden. Nun kann sich die bayerische Staatsregierung nicht länger hinter den Gerichten verstecken und muss endlich ihrer eigenen Verantwortung für die Bürgerinnen und Bürger gerecht werden.
Das Gericht hat nämlich damit lediglich bestätigt, dass keine Verfahrensfehler vorliegen und dass jetzt die 3. Start- und Landebahn am Münchner Flughafen gebaut werden dürfte. Das bedeutet aber nicht, dass sie gebaut werden muss!
Denn die Münchner Bürger haben sich bereits gegen den Ausbau entschieden und der Münchner Stadtrat steht als Anteileigner voll hinter dem Votum seiner Bürger. Diesen Bür- gerentscheid betrachten wir Startbahngegner daher als unser unumstößliches Faustpfand.
Zudem fehlt seit Jahren der Bedarf für die Notwendigkeit eines Ausbaus.
Daher fordern wir jetzt Ministerpräsident Seehofer dazu auf, die tatsächlichen Fakten zu akzeptieren und nicht länger blind den FMG-Hochglanzbroschüren zu folgen.
Fakten, die zeigen, dass bei einem von der DFS angenommenen Wachstum von 1,5% der Flughafen auch im Jahr 2025 noch nicht an seiner Kapazitätsgrenze angekommen ist. Fakten, die zeigen, dass die bayerische Wirtschaft derzeit auch ohne 3. Startbahn auf Wachstumskurs ist.
Das Aktionsbündnis AufgeMUCkt feierte kürzlich 10 Jahre erfolgreichen Widerstand. Es wird daher der Regierung auch heuer mit erbittertem Widerstand gegen diesen Menschen und Natur verachtenden Ausbau einen heißen Herbst bereiten. Wir geben die Hoffnung nicht auf, dass auch die Entscheidungsträger langsam erkennen:
Zwei Startbahnen reichen.
Die Bürgerinitiative Attaching weist noch einmal auf die unzumutbaren Auswirkungen auf Attachings Bürger hin:
Attaching wird geteilt: Bundesverwaltungsgericht in Leipzig lässt Revision zur dritten Startbahn am Flughafen München nicht zu, Gang nach Karlsruhe bereits geplant!
Mit der Ablehnung der Revision zur 3. Start-und Landebahn am Flughafen München wird das bayerische Dorf Attaching und damit die Heimat von knapp 1000 Bürgern zerstört.
Es ist nicht verständlich, wie eine solch menschenverachtende Planfeststellung vor dem Bundesverwaltungsgericht Bestand haben kann.
Keine Infrastrukturmaßnahme hat bisher solche Belastungen für die betroffene Bevölkerung geschaffen, wie sie mit der 3. Start- und Landebahn für Attaching entstehen würden. Selbst in den 70er Jahren beim Bau des Flughafens wurde die Bevölkerung besser geschützt
(62 db(A)-Linie, Mindestüberflughöhe von 300 m).
Aufgrund der Grundrechtsverletzungen (Recht auf Eigentum und Gesundheit) wird eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe geprüft. Erst danach ist der Rechtsweg abgeschlossen. Wir gehen davon aus, dass die Politik Wort hält und erst am Ende aller Rechtsmöglichkeiten über den Bau der 3. Startbahn entscheidet.
Für den sehr unwahrscheinlichen Fall, dass trotz der fehlenden Akzeptanz in der Bevölkerung (Münchner Bürgerentscheid vom Sommer 2012) die 3. Startbahn gebaut werden sollte, fordern wir einen
3-Punkte-Plan für Attaching:
Gäbe es eine 3. Startbahn bereits, dürfte Attaching, aufgrund der schwerwiegenden Belastungen aus Lärm, Wirbelschleppen und Schadstoffen bei den geltenden gesetzlichen Vorschriften, an dieser Stelle nicht errichtet werden.
Durch Attaching, das direkt am Ende der 3. Startbahn liegt, wird eine ca. 420 m breite Schneise geschlagen (Entschädigungsgebiet – in Karte siehe unten grün markiert). Teil davon ist das Sportgelände des BC Attaching, ein sozialer Mittelpunkt von Attaching. Nördlich und südlich davon können die Menschen unerträglichem Fluglärm, krebserregenden Abgasen und gefährlichen Wirbelschleppen nicht entkommen.
Durch die Teilung von Attaching werden Familien auseinandergerissen, das soziale Netzwerk sowie die Sport- und Freizeitmöglichkeiten der Bürger zerstört, das dörfliche Gefüge aufgelöst.
Der Hälfte der Bürger Attachings – außerhalb des Entschädigungsgebietes – werden täglich 400 Landungen in 75 bis 100 m Höhe oder 78 Starts ab ca. 200 m Höhe mit all Ihren Belastungen (Lärm, Abgase, Wirbelschleppen) zugemutet. (Details siehe unten)
Die Dorfgemeinschaft wird gemeinsam weiter für Ihre Zukunft kämpfen.
Menschen sind wichtiger als Flugzeuge!
Am Abend veranstalten Lichterzeichen und die BI Attaching um 19:00 Uhr in der Franziskus-Kapelle in Attaching (Dorfstraße/Ecke Hallbergmooser Straße) eine Andacht.
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum Bau der 3. Startbahn am Flughafen München Franz-Josef-Strauß:
„Die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerden durch das Bundesverwaltungsgericht ist ein gutes Signal. Es zeigt, dass ordnungsgemäß geplant wurde und die Vorschriften von Lärmschutz und Sicherheit eingehalten wurden. Der Bau der 3. Startbahn am Flughafen München Franz-Josef-Strauß ist ein zentrales Infrastrukturprojekt für ganz Bayern. Dennoch war es richtig, die endgültige Gerichtsentscheidung abzuwarten. Nun werden wir, wie versprochen, zeitnah das Gespräch mit der Landeshauptstadt München und dem Bund als Mit-Gesellschafter suchen sowie in den Dialog mit den vom Planfeststellungsbeschluss Betroffenen eintreten, um nochmals alle Argumente abzuwägen und dann möglichst schnell eine politische Entscheidung herbeizuführen.“
Landrat Josef Hauner (CSU) zeigt sich entschlossen:
„Das Urteil des Bundesverwaltungsgericht besagt lediglich, dass formal keine juristischen Fehler in den zurückliegenden gerichtlichen Auseinandersetzungen gemacht wurden. Es besagt auf gar keinen Fall, dass das heutige Urteil ein Startschuss für den Bau der dritten Bahn sein muss.“ Der Landkreis-Chef verweist auf die Fluggastzahlen, die zeigen, dass eine dritte Bahn nicht notwendig ist. Sie würde aber die Bevölkerung im Landkreis Freising in unzumutbarer Weise belasten. Der Kreistag des Landkreises Freising habe sich einstimmig für die Verhinderung des Baus ausgesprochen. Hieran habe sich nichts geändert. Hauner: „Selbstverständlich werde ich auch weiterhin wie bisher bei allen Gelegenheiten den Entscheidungsträgern unsere Argumente vortragen und deutlich machen, dass eine dritte Start- und Landebahn am Flughafen nicht erforderlich ist.“
Wenn der vom Ministerpräsidenten angekündigte Dialogprozess stattfindet, wird Josef Hauner auch diesen nützen, um die einstimmige Haltung des Freisinger Kreistages gegen das Projekt einzubringen und Überzeugungsarbeit zu leisten.
Das Statement von Oberbürgermeister Dieter Reiter zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur 3. Startbahn für den Münchner Flughafen:
„Das Urteil überrascht mich nicht. Allerdings ändert es auch nichts daran, dass die Landeshauptstadt München einer 3.Startbahn nur dann zustimmen wird, wenn sich ihre Bürgerinnen und Bürger in einem neuen Bürgerentscheid mehrheitlich dafür aussprechen sollten. Derzeit sehe ich allerdings keinen Anlass, die Münchner erneut darüber abstimmen zu lassen. Dazu müssten sich die Rahmenbedingungen, wie die Anzahl der Starts und Landungen, grundlegend und dauerhaft ändern. Das sehe ich derzeit nicht.“