"Haben sie schon einmal versucht, 40 Joghurts der gleichen Marke und Sorte mit dem gleichen Mindesthaltbarkeitsdatum zu kaufen?"
Doch kein Traumjob: Der "Einkaufstrupp", der bei der Stiftung Warentest die Produkte für die diversen Tests besorgt, geht zwar den lieben langen Tag einkaufen, das allerdings unter erschwerten Bedingungen. Dr. Holger Brackemann, seines Zeichens Bereichsleiter Untersuchungen bei der Stiftung, umreisst mit diesem einen Satz kurz den Aufwand, der bei der Besorgung der Testartikel betrieben wird. Anonymität bei der Beschaffung ist oberste Maxime: So gelangen keine speziell präparierten Presseexemplare oder Produkte, die für den anstehenden Test "gepimpt" wurden, in den Prüfabalauf. Ganz im Gegenteil, der Einkauf geschieht wie beim normalen Verbraucher: Direkt im Geschäft, ohne dass der Käufer als Warentest-Mitarbeiter auftritt und zum ganz normalen Preis. Die Anbieter der Produkte bekommen vorher keinerlei Informationen über die bevorstehenden Warentests.
Der gute Ruf der Stiftung Warentest und ihrer Publikationen beruht zu einem großen Teil auf ihrer Glaubwürdigkeit und dem Vertrauen der Verbraucher in ihre Testergebnisse. Trotz den zahlreichen Vergleichsportalen im Internet liegt die Bekanntheit der Stiftung und ihrer Arbeit prozentual noch weit über allen anderen Anbietern. Ein markantes Merkmal der test-Hefte und von test.de: Die völlige Werbefreiheit und damit die Unabhängigkeit, die das Vertrauen beim Verbraucher untermauert.
Mit staatlichem Auftrag und gefördert mit Steuermitteln untersuchen und vergleichen die Mitarbeiter Waren und Dienstleistungen verschiedenster Anbieter. Die staatlichen Zuwendungen werden jedoch sukzessive immer weniger. Die Stiftung finanziert sich nur noch zu rund 10 %* daraus. Der Löwenanteil der Umsatzerlöse kommt aus den Verkäufen von test, Finanztest und den Online-Abos und Einzelabrufen auf test.de.
Weitere Erlöse werden aus den Buchverkäufen erzielt. Seit einiger Zeit ist auch die Vergabe von Logolizenzen kostenpflichtig: Wer sich mit einem guten test-Urteil auf seinem Produkt schmücken will, muss erstens natürlich den Test erfolgreich durchlaufen haben und zweitens für die Verwendung des Logos mit Benotung in der Werbung bezahlen. Doch einmal gut oder sehr gut getestet bedeutet nicht, dass der Anbieter damit immer werben kann: Die Lizenzvergabe für die Prüflogos ist streng geregelt, zeitlich begrenzt und wird nachgetestet.
Auch interessant: Die Stiftung Warentest stellt sich vor.Das test-Heft ist mit 3,5 Millionen* Lesern pro Ausgabe nach wie vor das Aushängeschild der Stiftung Warentest (Finanztest: 1,4 Millionen*). Jedoch machen sich auch hier die Auswirkungen der Print-Krise in sinkenden Abo-Zahlen und Verkäufen bemerkbar. Die Stiftung hat nachgelegt mit ihrem Onlineauftritt test.de (6 Millionen* Besucher pro Monat) und der Möglichkeit, im Internet die Tests unbegrenzt mit einer Flatrate oder als kostenpflichtige Einzelabrufe zu nutzen. Aufgestockt wird das durch kostenloses Bonusmaterial und zusätzliche Features wie großen Produktfinder-Datenbanken. Auch in den sozialen Medien geht die Stiftung Warentest zum Beispiel mit ihrem Facebookauftritt neue Wege.
Die Chefredakteurin der test-Hefte, Anita Stocker, gibt einen Einblick in den Ablauf eines Produkttests von der Idee über den Ablauf der Testung bis zum Beitrag im Heft:
"Ein stetes Ringen um Formulierungen": So beschreibt Chefredakteurin Anita Stocker den Redaktionsalltag. Komplexe technische und wissenschaftliche Ergebnisse aus den Prüflaboren müssen für den interessierten Laien und Verbraucher "übersetzt" werden.
Es wird spannend: Die Fahrt geht in ein Prüflabor in Hessen: Auch hier ist Anonymität oberstes Gebot. Keiner soll nachvollziehen können was, wann und wo getestet wird. Die Stiftung Warentest lässt ihre Testungen von verschiedenen beauftragten Prüflaboren weltweit durchführen.
EMV, was ist das? Die elektromagnetischer Verträglichkeit von Geräten aller Art wird hier geprüft. Dies geschieht hauptsächlich in einer Absorberhalle, die mit ihrer Wanddämmung einem überdimensionalem Tonstudio gleicht und alle Einflüsse von außen abhalten soll. Hier stehen sogar Generatoren, die eigenen Strom für die Testungen erzeugen. Warum? Unser ganz normaler Strom im Netz ist zu "verschmutzt", um eindeutige Testergebnisse zu liefern. Kurz gesagt, hier geht es um das Zusammenspiel von verschiedenen elektronischen Geräten. Es wird getestet, ob ihr Staubsauger den Kühlschrank in seiner Leistung beeinflusst oder ihr Handy den Airbag im Auto auslösen kann:
Noch ein überdimensionales Tonstudio mit fast bedrohlich wirkender Wanddämmung: Eine "Halle in der Halle" mit eigenem Fundament. Der Techniker erklärt, dass bei geschlossenem Tor ein Airbus A 380 nebenan landen könnte und nichts wäre zu hören. Er schließt die riesige Schleuse - und nichts ist zu hören. Gar nichts. Sogleich stellt sich ein leichtes Schwindelgefühl ein. Mitten im Raum steht ein im Verhältnis klitzeklein wirkender Staubsauger. Gut drei Dutzend Richtmikrofone zeichnen seine Sauggeräusche auf und werten Sie aus.
Geprüft wird hier, welche, wie viele und wie laute Geräusche elektronische Produkte und Maschinen in verschiedenen Testszenarien von sich geben. Wichtig für den Verbraucher ist, später im test-Heft nachzulesen, ob die Angaben des Herstellers auf der Verpackung auch eingehalten werden.
In der Testumgebung Licht werden unter anderem in einer sogenannten Ulbrichtkugel Glühbirnen und LEDs der neuesten Generation auf ihre Stärke und Lichtart geprüft, die Prüfer in der Smart Home-Testumgebung durften sich wochenlang durch alle Streamingdienste wie Netflix und ähnliche "glotzen" und deren Performance auf verschiedensten Endgeräten sowie deren Sicherheit -oder besser gesagt deren Unsicherheit- in der Datenübertragung beurteilen.
Maschine auf, Wäsche rein, Maschine zu, Wäsche waschen - sauber! Weit gefehlt - um zu dieser Beurteilung zu kommen, braucht es erst sehr viele einzelne Testschritte: Zunächst einmal hat das Labor eigene, genormte Wäschestücke. Die Kollektion aus Handtüchern und Bettwäsche verbringt vor dem erstmaligen Waschen mehrere Stunden in einem "Konditionierungsraum", um immer im selben Grundzustand zu sein. Sodann werden an die Wäschestücke genormte Schmutzstreifen mit "Durchschnittsschmutz" angeheftet, die eigens von einer Firma produziert werden.
Im Anschluss wird die Wäsche nicht schnöde in die Maschine gestopft, sondern in einer genau festgelegten, fast zeremoniellen Art und Weise eingeschichtet. Ob die "Z-Faltung für Betttücher" wohl alltagstauglich ist? Schließlich wird endlich gewaschen, und das in festgelegtem Rhythmus, in einer Vielzahl von Durchgängen und in Vergleichstests in einer langen Reihe von Waschmaschinen.
Wozu der Aufwand, mag man sich fragen. Die Antwort heißt: Reproduzierbarkeit. Jeder einzelne Schritt eines Tests muss so durchgeführt und dokumentiert werden, dass er im Bedarfsfall nachgeprüft und wiederholt werden kann. So kann ausgeschlossen werden, dass Tests in etwaigen Rechtsstreits mit schlecht bewerteten Anbietern für unseriös und ungültig erklärt werden können.
Und noch einmal wird sehr ausführlich und für den Laien manchmal nicht nachvollziehbar getestet:
Mit Staub kann man wirklich Geld verdienen! Der sogenannte "Normstaub", der tatsächlich von einer Firma produziert wird, steht in seinen verschiedenen Ausfertigungen fein säuberlich aufgereiht in Fläschchen vor einer der vielen Staubsauger-Testmaschinen.
So kann ein Staubsauger für verschiedene Verschmutzungsgrade getestet werden - immer wieder fährt die Düse des Testobjekts computergesteuert in festgelegtem Rhythmus über das normierte Teppichstück.
Und nicht nur das: Im Nebenraum steht die "Schwellenmaschine", die den Staubsauger immer wieder über eine künstliche Schwelle an einen nachgebauten Türstock fahren lässt - es rummst gewaltig und das Teststück wird auf Herz, Nieren und Haltbarkeit im "normalen" Haushaltsgebrauch getestet.
Hochtechnisiertes Equipment und enorm viel Aufwand ist also nötig, bis ein Produkttest in einer Veröffentlichung von Stiftung Warentest zum Verbraucher kommtWas treibt die Mitarbeiter der Stiftung Warentest immer wieder zu neuen Ideen an? Ein Fazit von Dr. Holger Brackemann: