Der Hattrick von Tor-Künstler Harry Kane dürfte Uli Hoeneß in seinem Meister-Getöne bestärkt haben. In die vollmundige Ankündigung des Ehrenpräsidenten, dass die Schale nach einem Jahr Pause im Sommer wieder in München landen werde, mochte Trainer Vincent Kompany nach dem 3:0 gegen den FC Augsburg bei aller Zufriedenheit aber nicht gleich einstimmen. «Er hat halt mehr Erfahrung als ich, vielleicht weiß er es besser», kommentierte der Belgier mit einem verschmitzten Lächeln die Ansage von ganz oben.
Der auf der Ehrentribüne warm eingepackte Hoeneß hatte den Meister-Befehl erteilt - und den Auftrag nahmen die Protagonisten beim FC Bayern gerne an. «Uli ist im Aufsichtsrat. Uli hat diesen Verein groß gemacht. Der darf sich zurücklehnen und kann uns den Druck machen, dass wir erfolgreich sein sollen. Dafür arbeiten wir auch jeden Tag», sagte Sportvorstand Max Eberl. «Und wir müssen alles dafür tun, dass wir dann seinen Wunsch erfüllen.»
Hoeneß: «Stehen wunderbar da»
Hoeneß hatte bei einem Forum der Schweizer Zeitung «Finanz und Wirtschaft» in Rüschlikon im Kanton Zürich dieser Tage seinen Herzensclub gerühmt. «Wir stehen zum heutigen Zeitpunkt wunderbar da. Wir sind Tabellenführer. Und unsere einzigen richtigen Konkurrenten Bayer Leverkusen und RB Leipzig liegen weit hinter uns», sagte der 72-Jährige. In der vergangenen Saison riss die lange Titelserie des Rekordmeisters, die Meisterschaft feierten Florian Wirtz & Co. in Leverkusen.
Beim sechsten Zu-Null-Sieg nacheinander überzeugte der FC Bayern gegen Augsburg mit Souveränität und Geduld - und wurde einmal mehr durch Kane belohnt. Im Kreise von Family & Friends ließ der 100-Millionen-Euro-Stürmer am Arena-Ausgang den erfolgreichen Abend ausklingen. Mit zwei verwandelten Strafstößen baute der Münchner Mister 100 Prozent seine Erfolgsbilanz vom Punkt weiter aus. Und wieder in einer Plastiktüte nahm er den von den Mitspielern signierten Ball beim Hattrick vor allem wegen seines Tor-Kunstwerks zum 3:0 besonders gerne mit nach Hause.
Hattrick mit Tor-Kunststück
«So ein Tor habe ich noch nie gemacht. Mal trifft man aus der Distanz, letztes Jahr sogar von der Mittellinie, aber dieses Tor hatte mehr Finesse und Touch. Es war ein besonderes Tor», schilderte Kane. Kurz vor dem Schlusspfiff verlud der 31-Jährige artistisch den guten Gäste-Torwart Nediljko Labrovic, indem er den Ball erst mit dem Fuß in die Luft spitzelte - und dann locker zum Endstand einköpfte. «Absolutes Weltklasse-Tor», befand Mittelfeldchef Joshua Kimmich, dem Kanes Elfmeter-Bilanz imponiert. «Wir vertrauen wir ihm da blind.»
16 Mal trat Kane bereits für die Bayern für einen Elfmeter an - 16 Mal zappelte der Ball im Netz. Nimmt man andere Wettbewerbe dazu, waren seine letzten 25 Elfer alle drin. Das Tor zum Endstand war zudem bereits der 50. Bundesliga-Treffer. Dafür benötigte Kane gerade einmal 43 Spiele im deutschen Oberhaus. Rekord. Auf Platz zwei in diesem Ranking liegt Erling Haaland, der seinen 50. Treffer im 50. Liga-Einsatz erzielte.
Kane widerlegt Kritiker
Kane kontert eindrucksvoll die Kritik, die es zuletzt in der Heimat England an ihm gegeben hatte. «Ich bin das jetzt gewohnt und habe genug Erfahrung, um zu wissen, dass das als Top-Spieler und als Top-Stürmer so ist», sagte Kane. «Ich denke, ich bin wahrscheinlich in der besten Form meiner Karriere, seit ich bei Bayern bin.»
Im Verein fürchtet sich der Sportvorstand aber allmählich um das Equipment. «Harry Kane braucht mittlerweile einen Ballsack. Weil er immer so viele Tore schießt, darf er immer Bälle mit nach Hause nehmen. Wir haben bald keine mehr zum Training und müssen langsam aufpassen», witzelte Sportvorstand Eberl nach der gefestigten Tabellenspitze. Nicht nur der Ehrenpräsident wünsche sich die Meisterschaft. «Es ist unser aller Traum, Meister zu werden und das dann auch zu realisieren», sagte Eberl.
Neuer: Hoeneß steht ja nicht auf dem Platz
Die Stars nehmen es locker. «Generell freuen wir uns natürlich sehr, dass Herr Hoeneß großes Vertrauen in die Mannschaft hat», sagte Kimmich. «Wir werden versuchen, die Punkte zu holen, dass es ihm gut geht.» Kapitän Manuel Neuer war von der Hoeneß-Aussage nicht überrascht. «Also er steht nicht auf dem Platz. Aber solche Sachen hat er in der Vergangenheit auch schon mal rausgehauen», sagte der Torhüter. «Im Grunde genommen müssen wir dafür sorgen, dass es eintrifft. Aber das ist ein harter, steiniger Weg.»
Der Weg für den FC Bayern geht höchst reizvoll weiter: Paris Saint-Germain in der Champions League, Borussia Dortmund in der Bundesliga und Titelverteidiger Bayer Leverkusen im Pokal lauten die nächsten Aufgaben. «Drei Wettbewerbe innerhalb kürzester Zeit gegen extrem namhafte und gute Gegner», sagte Eberl. «Das ist tatsächlich Vorfreude.»
Quelle: dpa