Update 10:30 Uhr:
Einen Tag nach der tödlichen Messerattacke am Bahnhof in Grafing bei München gedenken zahlreiche Menschen der Opfer. Auf der Treppe zu den Bahnsteigen lagen am Mittwochmorgen Dutzende Blumensträuße, es brannten viele Kerzen. Auf einem laminierten Zettel steht: «Herzliche Anteilnahme für die Angehörigen + Freunde des Verstorbenen und der Verletzten. Wir fühlen und trauern mit Euch.» Ansonsten erinnert sichtbar nichts mehr an die Tat. Sämtliche Blutspuren wurden beseitigt. Der Zugverkehr läuft normal. Abends war in der katholischen Pfarrkirche eine Gedenkfeier geplant.
Mittwoch, 11. Mai 2016, 9:30 Uhr:
Der mutmaßliche Täter von Grafing bei München hat sich nur zwei Tage vor der Tat in einer Klinik stationär behandeln lassen. Das Bayerische Landeskriminalamt (LKA) bestätigte am Mittwoch Medienberichte, wonach der 27-Jährige auf Anraten seiner Großeltern wegen seelischer Probleme einen Tag in einem Krankenhaus in Gießen zubrachte. Doch schon am Montagmorgen habe er die Klinik wieder verlassen. Nach Informationen der «tz» hatten die Großeltern erfolglos versucht, dass ihr Enkel behördlich in eine psychiatrische Klinik eingewiesen wird.
Der 27-Jährige soll am Mittwochnachmittag dem Ermittlungsrichter vorgeführt werden. Dann entscheidet sich, ob er in Untersuchungshaft oder in eine psychiatrische Klinik kommt. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann aus Hessen Mord und dreifachen Mordversuch vor.
Update 15:45 Uhr:
Der Täter hat laut Polizei bei seinem Angriff am Grafinger Bahnhof gerufen: «Ungläubiger, du musst jetzt sterben». Bei der Festnahme habe er ein Messer am Gürtel getragen, sagte Polizeivizepräsident Günther Gietl vom Polizeipräsidium Oberbayern Nord am Dienstag. In der Nähe des Tatorts seien ein Personalausweis, ein Führerschein, persönliche Unterlagen, ein Rucksack und Schuhe gefunden worden. Bislang sei es den Ermittlern nicht gelungen, einen Bezug des in Hessen gemeldeten Mannes nach Bayern oder Grafing herzustellen, sagte Gietl. Der Täter (ein gelernter Schreiner) ist seit zwei Jahren arbeitslos. Die Polizei hat eine Sonderkommission mit 80 Beamten gebildet.
Videomitschnitt der Pressekonferenz von tz.de/merkur.de:
Update 12:20 Uhr:
Der 27-Jährige, der am frühen Dienstagmorgen bei einer Messerattacke am Bahnhof im oberbayerischen Grafing einen Mann tötete, hatte nach ersten Ermittlungen offenbar psychische Probleme und auch Drogenprobleme. Das teilte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Dienstag nach einer Kabinettssitzung in München mit. Der Mann habe seine Tat bereits eingeräumt.
Bei einer Messerattacke am Bahnhof im oberbayerischen Grafing (Landkreis Ebersberg) ist ein Mann getötet worden. Der 56-Jährige wurde von dem Angreifer am Dienstagmorgen so schwer verletzt, dass er wenig später im Krankenhaus starb. Dies teilten die Staatsanwaltschaft München II und das Bayerische Landeskriminalamt (LKA) mit. Zunächst blieb offen, ob der Täter möglicherweise aus einem islamistischen Motiv heraus tötete.
Nach den bisherigen Ermittlungen stach der 27-Jährige mit deutscher Staatsangehörigkeit kurz vor 5.00 Uhr am Grafinger Bahnhof und in einem zur Abfahrt nach München bereitstehenden Zug der S4 unvermittelt auf mehrere Männer ein. Bei den weiteren Verletzten handelt es sich um drei Männer im Alter von 58, 43 und 55 Jahren. Einer von ihnen wurde nach den Angaben schwer verletzt.
Weiter teilten Staatsanwaltschaft und LKA mit: «Der Täter machte Äußerungen bei der Tat, die auf eine politische Motivation schließen lassen.» Der Bayerische Rundfunk (BR) berief sich auf eine Sprecherin des LKA, wonach der Angreifer auf dem rund 30 Kilometer östlich von München gelegenen Bahnhof mehrere Parolen mit offensichtlich politisch oder islamistisch motiviertem Hintergrund rief.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte, dass sich der mutmaßliche Täter bei den Vernehmungen bisher nicht kooperativ zeige. Die Ermittlungen stünden erst am Anfang. Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, äußerte sich erschüttert: «Sollten sich die Hinweise auf die islamistische Motivation des Täters bestätigen, wäre das die erste tödliche islamistische Terrortat in jüngerer Zeit in München und damit auch in Bayern die Realisierung der gefürchteten tödlichen terroristischen Bedrohung, wie sie seit Jahren die Welt in Atem hält.»
Polizeisprecher Hans-Peter Kammerer sagte, dass sich die Tat kurz vor der Abfahrt der ersten S-Bahn Richtung München kurz vor 5.00 Uhr ereignet habe. Demnach betrat der Angreifer den Zug und stach dort unvermittelt auf einen Mann ein. Danach griff er auf dem Bahnsteig drei weitere Männer an. Wenig später sei er von einer alarmierten Polizeistreife festgenommen worden. Die Tatwaffe wurde sichergestellt. Kammerer berichtete von Zeugenaussagen, wonach der Täter von ungläubigen Menschen gesprochen habe, die er töten wolle.
Der Grafinger Bahnhof, ein wichtiges Regionaldrehkreuz im Osten der bayerischen Landeshauptstadt, wurde von der Polizei mit Flatterbändern abgesperrt. Zahlreiche Polizeifahrzeuge standen am Bahnhofsplatz. Rund ein Dutzend Beamte sicherten den Tatort. Auch die Spurensicherung war am Vormittag am Bahnhof beschäftigt. Gleis 1 blieb weiterhin gesperrt. Der Bahnbetrieb wurde nach der Tat zunächst eingestellt, um 6.45 Uhr aber wieder aufgenommen.