28.11.2017

Klarer Sieger: Alete gewinnt den Goldenen Windbeutel 2017

Alete vermarktet das Produkt entgegen den Empfehlungen von Medizinern schon für Säuglinge ab dem achten Monat „zum Knabbernlernen“ – dabei sind die Babykekse mit 25 Prozent Zuckeranteil sogar zuckriger als Leibniz Butterkekse und fördern Karies. foodwatch will den Negativpreis heute um 11 Uhr am Alete-Verwaltungssitz in Bad Homburg überreichen.

„Alete nutzt sein positives Image bei Eltern aus, um auf Kosten der Kleinsten Kasse zu machen  – das grenzt an Körperverletzung durch Irreführung“, sagte Sophie Unger von foodwatch, „Wahlleiterin“ beim Goldenen Windbeutel. Die Verbraucherorganisation forderte den Babynahrungshersteller auf, das Produkt vom Markt zu nehmen und sein Sortiment zu überarbeiten. Denn obwohl Ärzte und Ernährungsexperten von zugesetztem Zucker für Babys abraten, hat Alete etwa 30 Prozent seiner Babyprodukte Zucker beigemischt, unter anderem Joghurts, Grießbrei, Puddings oder auch Keksen. Verbraucherinnen und Verbraucher können den Aufruf an Alete unter www.alete-aktion.foodwatch.de unterstützen.

Goldener Windbeutel: Alete gewinnt klar

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rät explizit für die Ernährung von Säuglingen und Kleinkindern: „Salz und Zucker sollten nicht in Beikost zugesetzt sein”. Auch das von der Bundesregierung ins Leben gerufene Netzwerk „Gesund ins Leben“ empfiehlt als Beikost für Säuglinge „Produkte ohne Zugabe von Zucker“. Alete vermarktet seinen zuckrigen Keks dennoch ab dem achten Lebensmonat – und das ganz legal. Denn die EU-Verordnung über Babylebensmittel lässt Lücken: Zwar gibt es zum Beispiel Vorgaben für die Belastung mit Pestiziden, aber selbst Kekse mit einem Zuckergehalt von bis zu 34 Prozent dürfen noch als empfehlenswerte Produkte für Säuglinge beworben werden. Nach dem Start der Windbeutel-Wahl hatte Alete reagiert und Anfang November angekündigt, seine Kekse immerhin nicht länger auf der Packung als „babygerecht“ zu bezeichnen. Sophie Unger von foodwatch: „Der Babynahrungshersteller Alete will seine Babykekse nicht länger als ‚babygerecht‘ bezeichnen, empfiehlt die Zuckerkekse aber weiter für Babys – wie absurd ist das denn! Alete nutzt die rechtlichen Lücken besonders dreist aus. Der Fall macht deutlich: Wir brauchen dringend bessere gesetzliche Vorgaben für Babylebensmittel.“

Prof. Dr. Wieland Kiess, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin an der Universität Leipzig, erklärte gegenüber foodwatch: „Säuglinge sollten keine Produkte mit zugesetztem Zucker essen, um zum Beispiel Entstehung von Karies und eine frühe Süßgewöhnung zu vermeiden. Die Ernährung in den ersten Lebensmonaten ist prägend und beeinflusst das spätere Ernährungsverhalten eines Menschen. Einen Keks mit 25 Prozent Zucker für Babys zu empfehlen, ist schlicht verantwortungslos.“

Außer dem Alete Babykeks waren vier weitere Produkte für den Goldenen Windbeutel 2017 nominiert. In einem im Vergleich zu den Vorjahren veränderten Wahlverfahren gingen mehr als 73.000 gültige Stimmen im Wahlzeitraum seit Ende Oktober ein. Die überwältigende Mehrheit der Verbraucherinnen und Verbraucher stimmte für Alete. Das Ergebnis im Detail:

Alete war bis 2014 eine Marke des Nahrungsmittelkonzerns Nestlé und ist jetzt in der Hand der Unternehmensbeteiligungsgesellschaft BWK GmbH. Auch das Land Baden-Württemberg ist über die landeseigene L-Bank und die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) am Haupteigner von Alete beteiligt. Eine pikante Situation: Die Landesregierung selbst rät, etwa in Broschüren für Eltern, von vielen solcher sogenannten Kinderlebensmittel ausdrücklich ab, die Alete herstellt – profitiert aber vom Verkauf eben jener Produkte. Bereits 2015 hatte foodwatch die Rolle Baden-Württembergs bei dem Babynahrungshersteller kritisiert. Die Verbraucherorganisation forderte Ministerpräsident Winfried Kretschmann auf, sicherzustellen, dass im Falle einer fortgesetzten Beteiligung seines Bundeslandes an Alete unter dieser Marke nur solche Produkte für Babys angeboten werden, die auch tatsächlich babygerecht sind.

foodwatch vergibt den Goldenen Windbeutel in diesem Jahr zum siebten Mal. Die erste Wahl fand 2009 statt. Bisherige Preisträger waren unter anderem der Trinkjoghurt Actimel von Danone (2009), die Milch-Schnitte von Ferrero (2011) und ein Instant-Tee für Kinder von Hipp (2012). Ziel ist es, mit dem Negativpreis auf die systematische, ganz legale Irreführung bei Lebensmitteln hinzuweisen und bessere Gesetze zu erwirken.


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