Nicht nur bei den Terroranschlägen in Belgien und Frankreich spielten Prepaid-Handys eine wichtige Rolle. Schon in der Vergangenheit hatten Terroristen viele ihrer Aktionen durch Kurznachrichten über anonym gekaufte Prepaid-Handys abgestimmt. Es ist also nachvollziehbar, dass der Gesetzgeber versucht, diese Informationslücke für die Strafverfolgungsbehörden zu schließen. Ab dem 1. Juli 2017 müssen in Deutschland verkaufte SIM-Karten daher vor der Aktivierung dem Kunden zugeordnet werden. Im Amtsdeutsch liest sich das dann so:
(…) Bei im Voraus bezahlten Mobilfunkdiensten ist die Richtigkeit der nach Satz 1 erhobenen Daten vor der Freischaltung zu überprüfen durch
1. Vorlage eines Ausweises im Sinne des § 2 Absatz 1 des Personalausweisgesetzes,
2. Vorlage eines Passes im Sinne des § 1 Absatz 2 des Passgesetzes,
3. Vorlage eines sonstigen gültigen amtlichen Ausweises, der ein Lichtbild des Inhabers enthält und mit dem die Pass- und Ausweispflicht im Inland erfüllt wird, wozu insbesondere auch ein nach ausländerrechtlichen Bestimmungen anerkannter oder zugelassener Pass, Personalausweis oder Pass- oder Ausweisersatz zählt,
4. Vorlage eines Aufenthaltstitels (…)
soweit die Daten in den vorgelegten Dokumenten oder eingesehenen Registern oder Verzeichnissen enthalten sind. (…)
Hier der komplette Paragraf 111 des Telekommunikationsgesetzes.
Für den Verbraucher bedeutet das: Die Zeiten, in denen günstige Prepaid-Karten, z.b. für Kinder oder das Sport-Zweittelefon, mal schnell eben im Discounter an der Kasse gekauft werden konnten, sind vorbei. Ab dem 1. Juli muss der Verkäufer die Identität des Kunden prüfen, und die Daten an den Netzbetreiber melden. Dieser leitet die Adressen dann an das Bundesamt für Verfassungsschutz weiter, wo sie in einer gesonderten Datei langfristig gespeichert werden. Sowohl ausländische als auch deutsche Sicherheitsbehörden sollen dann Zugriff auf diese Daten erhalten.
Inzwischen haben die ersten Einzelhändler bereits den Verkauf von Prepaid-Simkarten komplett eingestellt. Es rechnet sich einfach nicht, Mitarbeiter für die Ausweiskontrollen abzustellen. Pro Kunde dauert so eine Prüfung bis zu fünf Minuten – an den Kassen undenkbar.
Auch wer Prepaid-Karten im Internet kaufen möchte, muss sich ab dem 1. Juli ausweisen. Dazu hat man prinzipiell die Wahl zwischen vier verschiedenen Methoden:
Post-Identitätsprüfung: Die Post Identifizierung kann Online durch Foto, Videochat oder neuem Personalausweis erfolgen, offline durch den Postboten oder durch einen Besuch in der nächstgelegenen Filiale und Vorlage des Ausweises. [Details]
E-Ausweis: Wer bereits im Besitz eines neuen Personalausweises ist, kann die eingebaute E-Ausweis aktivieren und damit Online-Ausweisfunktionen, Unterschriftenfunktionen und sogar Biometriefunktionen zur Identitätsüberprüfung nutzen [Details]
Video-Ident-Verfahren: Relativ neu ist das Verfahren, sich über Video-Chat online zu identifizieren. Funktioniert mit allen Geräten (Smartphone, Tablet, PC) die auf eine Webcam zugreifen können und einen Internetzugang haben. Vorteil: Kann überall und jederzeit genutzt werden. [Details]
Gut zu wissen: Für Kunden, die schon länger auf Prepaid-Karten setzen, änder sich dagegen nichts. Diese Karten können auch in Zukunft wie gewohnt aufgeladen werden, im Laden, per SMS etc.
Ob sich diese Auflagen als wirkungsvoll erweisen, bleibt abzuwarten. Frankreich hatte bereits eine Ausweispflicht für SIM-Karten, und trotzdem wurden bei den Terroristen von Paris große Mengen Prepaid-Karten gefunden. Auch andere europäische Länder (z.B. Österreich) kontrollieren den Verkauf nicht.