01.07.2014, 9:51 Uhr
Bei dem gestorbenen «Münchner» handelt es sich wahrscheinlich um eine Frau, wie das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege am Montag mitteilte. Darauf ließen Beigaben, Schmuck und Knochenstücke schließen, die bei der Feuerbestattung übrig geblieben waren.
Das Grab war im Mai bei Kanalarbeiten entdeckt worden. Trotz vieler Bauarbeiten über Jahrhunderte hinweg und Kriegszerstörungen habe sich an der Stelle 3000 Jahre lang eine «Insel» erhalten, sagte Sebastian Sommer vom Landesamt.
Aus der späten Bronzezeit von 1350 bis 1200 vor Christus gibt es ähnliche Funde, etwa aus dem Münchner Süden. Die Menschen lebten damals in kleinen Verbünden von mehreren Bauernhöfen. Deshalb gehen die Wissenschaftler davon aus, dass sich im Umfeld der heutigen Residenz eine solche Siedlung befand.
Vor allem der hervorgehobene Ort unter dem späteren Regierungssitz, von dem aus bayerische Herrscher über Jahrhunderte die Geschicke des Landes lenkten, mache den Fund zu etwas Außergewöhnlichem, sagte der Präsident der Bayerischen Schlösserverwaltung, Bernd Schreiber. Wie in Rom die ältesten Siedlungsspuren auf dem Palatin gefunden wurden, wo später Kaiser Augustus seinen Palast baute, so sei nun der Münchner Stadtpalast Fundort des «Münchner Romulus» – «ich nenn ihn einfach mal Monaculus». Oder eben Monacula, denn inzwischen gehen die Wissenschaftler davon aus, dass es sich um eine Frau handelt.
Vermutlich sei die Frau zwischen 40 und 60 Jahren alt gewesen, sagte Sommer. Die Grabstätte mit der Asche zeigt auch einen Wandel in der Bestattungskultur auf. Denn sie war auf drei Meter angelegt wie eine traditionelle Erdbestattung. Insgesamt 531 Gramm Überreste und Asche konnten die Wissenschaftler einsammeln, dazu viele Bronzefunde, Messer und Vasenkopfnadeln, die als Umhangverschluss dienten. Ferner entdeckten sie Reste von wertvollen Keramik-Gefäßen. Welche Speisevorräte sich darin befanden, muss noch analysiert werden. «Man kann sich gut vorstellen, dass da was gutes drin war», sagte Sommer. Vielleicht «Met oder Bier».
Die Funde sollen weiter untersucht werden. Etwa soll eine Isotopenanalyse Anhaltspunkte bringen, ob die Frau aus dem Gebiet des späteren München stammte, oder ob sie zugewandert war. Der Fund soll danach in der Residenz gezeigt und dauerhaft in der Staatssammlung für Anthropologie untergebracht werden.
Da es aus der betreffenden Zeit keinerlei schriftliche Überlieferung gibt, sind Gräber für Wissenschaftler besonders aufschlussreich – sie zeigen soziale Komponenten und religiöse Vorstellungen. Ab dem Mittelalter lassen sich auch aus Latrinen wertvolle Erkenntnisse ziehen – denn da hinein warfen die Menschen vieles, was sie nicht mehr brauchten – vom Essensrest bis zur kaputten Kochtopf.
dpa-infocom / ck